Europas Schande
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Die Europäische Union schmückt sich gerne mit den schönsten Werten. Europa, so schallt es regelmäßig aus Brüssel, sei nicht einfach nur eine Staatengemeinschaft, sondern vielmehr auch eine Wertegemeinschaft. Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte: dafür stehe die Union, werden EU-Politiker nicht müde zu betonen.
Wie hart dieser eigene Anspruch an der Wirklichkeit scheitert, zeigt sich nun allerdings schon seit vielen Jahren an der Flüchtlingskrise. Während die EU noch immer über den richtigen Umgang mit der Krise streitet, sterben vor allem im Mittelmeer weiterhin jeden Tag unzählige Menschen. Mehr als 2.400 Menschen sollen allein in diesem Jahr auf ihrem Weg nach Europa qualvoll ertrunken sein. Das reiche Europa – es ist nicht willens oder in der Lage, dem massenhaften Sterben vor der eigenen Haustür Einhalt zu gebieten. Dies ist eine Schande für den gesamten Kontinent.
Den humanitären Dienst, für den Europas Staaten zuständig gewesen wären, haben andere übernommen – private Hilfsorganisationen und Initiativen, die der Katastrophe im Mittelmeer nicht länger tatenlos zusehen wollten. Seit einigen Tagen allerdings haben sie die Seenotrettung weitgehend eingestellt, nachdem Libyen große Gebiete vor seiner Küste zum Sperrgebiet erklärt und den Helfern gedroht hatte. Als Folge droht nun noch mehr Menschen der Tod im Mittelmehr.
Statt sich angesichts dieser Entwicklung nun endlich der eigenen Verantwortung zu stellen, arbeitet Europa lieber auf einen Deal mit Libyen hin. Die Küstenwache des weitgehend zerfallenen Staates soll dem Kontinent die Flüchtlinge vom Hals halten. Das erinnert fatal an das umstrittene Abkommen mit der Türkei. Wieder hat man den Eindruck: Zur Not lässt sich die Europäische Union eben mit dubiosen Regimen ein – Hauptsache die Flüchtlinge werden daran gehindert, Europa zu erreichen. Für eine selbsternannte Wertegemeinschaft ist das eine Bankrotterklärung.