So geht großer Glaube
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Impuls von Schwester Charis Doepgen
Heute begegnet uns ein Jesus, der in den Kirchenliedern nicht vorkommt. Er ist nicht sanft und ist nicht lieb - er ist total anders als unser Bild von ihm. Was ist los mit diesem Jesus? Wenn zwei Blinde bei Jericho schreien, "Herr, Sohn Davids, hab Erbarmen mit uns!" (vgl. Mt 20,30), dann bleibt er stehen, ruft sie zu sich und fragt einfühlsam: "Was soll ich euch tun?" Ja, das ist unser Jesus. Aber hier, auf fremdem Territorium, ist er nicht wiederzuerkennen. Dabei geht die Geschichte doch genauso los wie in Jericho. Die kanaanäische Frau hat die gleiche Anrede parat wie die Blinden, doch Jesus schweigt. Liegt es am Dialekt der Fremden?
Die pragmatische Vermittlung der Jünger, die Aufsehen vermeiden wollen, lässt Jesus abblitzen. Muss man bei "verlorenen Schafen" noch unterscheiden, wenn man sich als Retter versteht? Doch wir haben gar keine Zeit darüber nachzudenken, denn da ist schon wieder die Frau, ungerufen. Sie macht sich klein, fällt nieder und wiederholt ihre Bitte, die in der Kürze fast wie ein Befehl klingt: "Herr, hilf mir!" Was sonst wie ein sicherer Türöffner für das Herz Jesu wirkt, hier scheint es ihn nicht zu rühren. Die bildhafte Rede von den Kindern und Hunden ist nicht sehr einfühlsam in der Situation, um nicht zu sagen, sie ist peinlich. Fremdschämen liegt in der Luft mit diesem Jesus, der so gar nicht in unser Bild passt. Aber nicht so bei der Frau. Sie gibt dem Provokateur Recht! Das Bild von den Kindern und Hunden ist schräg, aber letztendlich stimmt es: Wir leben alle von dem gleichen Brot, das Gott seinen Geschöpfen wachsen lässt. Wenn das jemand verstanden hat, ist Jesus wieder ganz in seiner "Rolle": Er sieht den Glauben, der Wunder wirken kann. Es liegt ein Staunen in Jesu Zustimmung. Nun kann Heil geschehen.
Brauche ich diese biblische Geschichte für mein Jesus-Bild? Nicht unbedingt; sie ist irritierend. Die Exegese sagt uns, die Perikope setzt das Ringen in der urchristlichen Gemeinde um die Heidenmission voraus. Das entlastet Jesus, denn da geht es nicht um seine Person, sondern ums Prinzip. Aber auf die lebendig gezeichnete Heidin aus der Gegend von Tyrus und Sidon kann das Evangelium auf keinen Fall verzichten. An ihr sehe ich, wie Glauben geht: Den Kairos, den richtigen Zeitpunkt, nutzen. Jesus ist dort, wo er eigentlich nicht zu erwarten war, in der "Fremde". Die richtige "Adresse" für das Gebet muss bekannt sein – "du Sohn Davids!". Sich nicht einschüchtern lassen von einer theologischen Sicht, die ausschließt. Für sich den Weg der Demut wählen und die Wiederholung nicht scheuen. Und ganz wichtig: Mit Esprit und Humor den eigenen Eingebungen trauen. Was man gemeinhin schlagfertig nennt, ist hier geistlich gesehen ein unverwüstlicher Glaube, der auch einen schweigenden Gott aushält.
Evangelium nach Matthäus (Mt 15, 21-28)
In jener Zeit zog Jesus sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.
Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Befrei sie von ihrer Sorge, denn sie schreit hinter uns her.
Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Doch die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir!
Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen. Da entgegnete sie: Ja, du hast Recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen.
Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.