Für den Kirchenbesuch gibt es Regeln

Wieviel Haut darf in die Kathedrale?

Veröffentlicht am 25.08.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Touristen schauen in Richtung des hohen Deckengewölbes.
Bild: © KNA
Tourismus

Köln/Berlin ‐ Damit Gotteshäuser ein Ort der Würde bleiben, sollten Besucher angemessen gekleidet sein. Doch wann ist der Ausschnitt zu tief, die Hose zu kurz? Katholisch.de hat sich umgehört.

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So etwas, wie jüngst im süditalienischen Villammare, das könnte in Köln nicht passieren: Zwei Touristen in Badeklamotten zum Sightseeing in der Kirche.

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Das Foto der beiden dürftig Bekleideten sorgte im Internet für Furore. Dafür, dass es im Kölner Dom nicht so weit kommt, sorgen rund zehn Domschweizer, die auf angemessenes Benehmen und Kleidung achten. "Wir bitten die Leute ausdrücklich, davon Abstand zu nehmen, im Bikinioberteil oder in der Badehose den Dom zu betreten", berichtet die Vorgesetzte der Domschweizer, die stellvertretende Domrendantin Simone Reiter. "Unser Ziel ist es, den Besuchern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sie hier nicht die Verlängerung der Bahnhofsvorhalle oder ein Museum betreten, sondern in erster Linie eine Kirche." Eine Kirche sei ein Ort der Würde.

Oft hilft allerdings schon das Wetter. Wie an diesem Tag im August, knapp über 20 Grad und Nieselregen. Vor dem Kölner Dom tummeln sich Besucher, die die gotische Kathedrale besichtigen wollen. Es ist noch Ferienzeit. Ein Domschweizer und zwei Security-Leute stehen am Haupteingang und plaudern mit Passanten. Von Zeit zu Zeit verwehren sie XXL-Rucksackträgern den Einlass. Diese schwerbepackten Touristen müssen sich dann mit der Außenansicht zufriedengeben.

Auch bauchfrei ist zu freizügig

Seit den Silvestervorfällen in Köln gelten verschärfte Sicherheitsmaßnahmen: "Es ist uns wichtig, dass sich die Besucher im Dom sicher und wohl fühlen", sagt Simone Reiter. Große Rucksäcke und Koffer seien daher nicht mehr erlaubt. Nicht nur schweres Gepäck ist im Dom verboten, sondern auch allzu knappe Bekleidung. "Leute, die zu freizügig angezogen sind, wie zum Beispiel bauchfrei oder ein zu kurzer Rock, und diejenigen, die sich nicht der Würde des Hauses entsprechend verhalten", sollen den Dom nicht betreten, erklärt der Domschweizer Marco Felgenheuer. Solche leicht bekleideten Besucher werden im Normalfall gebeten, sich etwas umzuhängen oder überzuziehen, betont Reiter.

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Video: © katholisch.de

Simone Reiter zu den Kleidervorschriften im Kölner Dom.

Offenbar nehmen es damit aber nicht alle Kollegen Felgenheuers so genau: Im Hauptschiff des Doms sind junge Besucherinnen in sehr knappen Hosen und kurzen Sommerkleidchen anzutreffen. Reiter sagt dazu nur: Solange keine Unterwäsche oder einzelne Körperteile zu sehen seien, gehe das noch in Ordnung. Sie betont, dass diese Vorschriften auch für Männer gelten, die zu tief ausgeschnittene T-Shirts trügen. Auch die Herren der Schöpfung würden dann freundlich gebeten, sich etwas überzuziehen. Andernfalls müssten sie draußen bleiben.

Ohne Hut und ohne Kostüm

Damit der Dom-Besuch nicht an Hotpants scheitert, sollen ab 2018 leihweise Tücher zur Verfügung stehen, um nackte Haut zu verhüllen. So wie es in Italien schon seit längerem üblich ist. Die Tücher sind vor allem für Frauen hilfreich. Bei den Herren sei hingegen die Kopfbedeckung das Haupthindernis. "Es passiert vermehrt im Winter, dass einige Männer mit Hut oder Kappe den Dom betreten", berichtet Reiter. Auch das sei nicht erwünscht. Hutträger werden von den Domschweizern gebeten, ihre Kopfbedeckung im Dom abzunehmen. "In den meisten Fällen geschieht das aber auch schon ganz automatisch." Kostümiert sein dürfen im Dom der Karnevalshochburg Köln nur die Domschweizer, die bodenlange rote Umhänge tragen. "Kostümierte Besucher sind im Dom leider nicht gestattet", sagt Felgenheuer. Allerdings sei der Dom an Karneval ohnehin geschlossen.

Bild: ©katholisch.de

Der Domschweizer Marco Felgenheuer achtet auf angemessene Kleidung im Kölner Dom.

Mit Karneval hat man in Berlin und der Hedwigs-Kathedrale nichts am Hut. Auch Touristen verirren sich im Vergleich zu Köln nur selten in den Sakralbau hinter der Staatsoper im Zentrum der Hauptstadt. Aber das Interesse wächst: "Im Schnitt kommen heute sicher mehr als 1.000 Besucher pro Tag in die Hedwigs-Kathedrale", schätzt Roswitha Sauer, die seit vielen Jahren als Gästeführerin in der Kathedrale arbeitet.

Die meisten Besucher verhielten sich der Würde des Ortes entsprechend und seien angemessen gekleidet. "Aber Berlin ist ja auch kein Badeort", sagt Sauer. Generell gelte in der Hedwigs-Kathedrale eine "ausgesprochene Willkommenskultur" gegenüber Gästen. "Das bedeutet auch, dass wir leichter bekleideten Besuchern im Sommer nicht mit einem Zentimeterband zu Leibe rücken", betont die Gästeführerin. Bislang habe sie nur einmal einen Besucher wegen unangemessener Bekleidung abweisen müssen – einen Mann, der die Kirche im Unterhemd betreten wollte.

Nur eine Problemgruppe haben Kölner Dom und Hedwigs-Kathedrale gemeinsam: Männer mit Hut, Kappe oder Mütze. Dass man die Kopfbedeckung abnimmt, wenn man einen Raum betritt "scheint nicht mehr so im kulturellen Grundverständnis drin zu sein", vermutet Sauer. Sie selbst versuche, solche Besucher stets "dezent und mit einem Lächeln" auf die Regeln hinzuweisen. Damit habe man meistens Erfolg.

Von Anna von Jagemann und Steffen Zimmermann
Himmelfahrtsgottesdienst in der Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale auf dem 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) am 25. Mai 2017 in Berlin.
Bild: ©KNA

Himmelfahrtsgottesdienst in der Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale auf dem 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) am 25. Mai 2017 in Berlin.

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