Bis auf den letzten Platz besetzt
Rekordverdächtige sechs Sedisvakanzen zählten die deutschen Diözesen im Frühjahr 2014, nachdem der beurlaubte Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst endgültig von seinem Amt in Limburg entbunden wurde. Auch in Passau, Erfurt, Freiburg, Köln und Hamburg wartete man damals auf einen neuen Oberhirten. Ohnehin gab es im vergangenen Jahrzehnt ein großes Stühlerücken im deutschen Episkopat: Insgesamt 22 Bischöfe und Erzbischöfe wurden geweiht oder versetzt.
Besonders im Osten der Republik sorgte der Wechselreigen zuweilen für größeren Unmut: Die Ost-Bistümer seien zu einem "Verschiebebahnhof" verkommen, kritisierte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige im Juni 2015. Anlass für seinen Ärger war die Ernennung von Heiner Koch zum Erzbischof von Berlin. Koch stand zu diesem Zeitpunkt erst gut zwei Jahre an der Spitze des Bistums Dresden-Meißen. Und auch sein Vorgänger in Berlin, Rainer Maria Woelki, hatte dem Hauptstadtbistum nur gut drei Jahre vorgestanden.
Von einem Bischofssitz zum andern
Den Wechsel von einem Bischofsstuhl auf einen anderen haben in der jüngeren Vergangenheit gleich mehrere Bischöfe in Deutschland vollzogen. So wechselte Woelki im September 2014 als Erzbischof nach Köln. Gut drei Jahre zuvor wurde der Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa nach Augsburg berufen. Im Jahr 2009 war es der damalige "Ruhrbischof" Felix Genn, der von Essen nach Münster zog, und Anfang 2008 folgte der ehemalige Trierer Bischof Reinhard Marx dem emeritierten Kardinal Friedrich Wetter als Erzbischof von München und Freising nach.
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Dass Diözesanbischöfe den Amtssitz wechseln ist also nicht ungewöhnlich. Meistens sind es jedoch Weihbischöfe, die zum Leiter eines eigenen Bistums "befördert" werden. Acht der 22 ernannten Bischöfe des vergangenen Jahrzehnts haben diesen Karriereweg beschritten. Das Erzbistum Köln sowie die Bistümer Trier und Mainz stellten dabei jeweils gleich zwei spätere Oberhirten. Verlängert man die Liste um weitere fünf Jahre, liegt Köln mit vier Diözesanbischöfen deutlich vorne.
Besonders in jüngerer Zeit wurden in Deutschland aber wieder vermehrt Priester ohne Bischofsweihe berufen. So empfingen sechs der zwölf seit dem letzten Vollstand ernannten Bischöfe die Weihe erst zum Amtsantritt. Vier von ihnen waren zuvor als Wissenschaftler tätig, die anderen beiden in kirchlichen Ämtern.
Und der Blick auf die Bischofsernennungen der jüngeren Geschichte offenbart noch ein weiteres Phänomen: Lange Amtszeiten sind selten. Allein das Bistum Osnabrück hat in den vergangenen 20 Jahren keinen Bischofswechsel erlebt. Damit ist Franz-Josef Bode mit knapp 22 Jahren im Amt der dienstälteste Diözesanbischof in Deutschland. Der erste neue Diözesanbischof nach der Jahrtausendwende war Gebhard Fürst, der im September 2000 in sein Amt in Rottenburg-Stuttgart eingeführt wurde. Die nächsten Neubesetzungen folgten jeweils im Herbst 2001 in Fulda und 2002 in Bamberg. Bischof Heinz Josef Algermissen und Erzbischof Ludwig Schick nehmen zugleich auch die Ränge Drei und Vier auf der Dienstalterliste ein.
Eher unrühmliche Spitzenwerte wurden in Passau, Erfurt und vor allem Limburg verbucht. Nirgends blieb der Bischofssitz so lange unbesetzt wie im Georgsdom über der Lahn. Ganze 907 Tage dauerte die jüngste Sedisvakanz in Limburg. Auf dem zweiten Platz folgt das Bistum Erfurt. Zwischen dem Rücktritt von Altbischof Joachim Wanke am 1. Oktober 2012 und der Einführung von Ulrich Neymeyr im November 2014 vergingen 782 Tage. "Nur" 600 Tage dauerte die Sedisvakanz in Passau, die zeitgleich mit dem Leerstand in Erfurt begonnen hatte. In der Dreiflüssestadt wurde jedoch bereits im Mai 2014 mit Stefan Oster ein neuer Bischof geweiht.
Nur 168 Tage dauerte die letzte Sedisvakanz in Augsburg
Ebenfalls in Bayern lief die Hirtensuche zuletzt am schnellsten ab: Nachdem der Papst am 8. Mai 2010 den Rücktritt von Bischof Walter Mixa angenommen hatte, dauerte es gerade einmal zwei Monate, bis Konrad Zdarsa als Nachfolger feststand. Am 23. Oktober, 168 Tage nach dem Rücktritt des Vorgängers, wurde er ins Amt eingeführt. Nur gut drei Wochen länger dauerte die Sedisvakanz im Erzbistum Berlin im darauffolgenden Jahr: 184 Tage nach dem Rücktritt Kardinal Georg Sterzinskys trat dort Rainer Maria Woelki die Nachfolge an. Damit liegen beide deutlich unter der durchschnittlichen Dauer einer Sedisvakanz in den deutschen Diözesen von 388 Tagen im vergangenen Jahrzehnt.
Wenn am Sonntag mutmaßlich gegen 14 Uhr Peter Kohlgraf vom "Heiligen Stuhl zu Mainz" Besitz ergreift, werden erstmals seit dem 19. Februar 2012 alle 27 Bischofsstühle in Deutschland besetzt sein. Doch allzu lang wird auch diese Phase wohl nicht währen: Am 5. September feiert der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle seinen 75. Geburtstag. Dann muss er, so will es das Kirchenrecht, dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Ein anderer Bischof hat das bereits getan: Im Mai erreichte Friedhelm Hofmann in Würzburg ebenfalls die Altersgrenze. Dem Vernehmen nach soll seine Amtszeit Mitte September enden. Zuvor will er noch ein Jubiläum feiern: 25 Jahre Bischofsweihe.