27 Bistümer und eine Stimme
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Eigentlich hatten sich die deutschen Bischöfe ein Nationalkonzil oder eine Regionalsynode gewünscht – doch mit dem Papst war das nicht zu machen. Das war in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frage nach dem Verhältnis von Papst, Bischöfen und Nationalstaaten war – vor dem ersten Vatikanischen Konzil – heikel. 2017 feiert die Deutsche Bischofskonferenz: Seit 150 Jahren tritt sie am Grab des Apostels der Deutschen im Herbst in Fulda zusammen. 1867 gab es doch noch den päpstlichen Segen für eine Konferenz, die sich allerdings nur beraten durfte – ohne jede rechtssetzende Kompetenz.
Seither hat sich der Wind aus Rom gedreht: Die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils würdigten die Bischofskonferenzen, sie sind im Kirchenrecht verankert, Papst Franziskus – der als Erzbischof von Buenos Aires selbst die Bischofsversammlungen Lateinamerikas und Argentiniens wesentlich geprägt hat – nimmt sie wie kein Papst vor ihm ernst: In seinen Lehrschreiben zitiert er Verlautbarungen von Bischofskonferenzen und fügt deren Aussagen so zu seinem Lehramt hinzu; in seiner Programmschrift "Evangelium Gaudii" deutet er mehr Kompetenzen für die Konferenzen an, "auch einschließlich einer gewissen authentischen Lehrautorität".
Theologisch ist das nicht unproblematisch. Der Papst und die Bischöfe, die universale und die Ortskirche – das sind die beiden wesentlichen Größen. Politisch ist das eine Herausforderung: In den letzten Jahren drangen aus der Deutschen Bischofskonferenz immer wieder Meinungsverschiedenheiten über das Maß der Zusammenarbeit an die Öffentlichkeit. Vom kirchlichen Arbeitsrecht bis zur Finanzierung überdiözesaner Aufgaben scheint Einigkeit nicht immer einfach herzustellen zu sein. Die Frage, was gemeinsame Sache aller ist, und was jeder Bischof besser je für seine Diözese regelt, ist nicht immer klar zu beantworten; Zentralisierung unter dem Leitgedanken der Subsidiarität zu hinterfragen, ist immer geraten. Subsidiarität heißt aber nicht primär, dass eine möglichst weit "unten" angesiedelte Ebene eine Aufgabe übernehmen soll – sondern dass die Aufgabe dort angesiedelt sein soll, wo sie am besten gelöst werden kann. Je weiter die Säkularisierung voranschreitet, je kurzatmiger die Aufmerksamkeitsspanne der Mediengesellschaft wird, desto wichtiger ist es, als Kirche mit einer Stimme zu sprechen.
Wann waren die Rahmenbedingungen aus Rom günstiger als jetzt unter Franziskus, um unter Bischöfen kollegial zusammenzuarbeiten, um im Verbund der deutschen Ortkirchen eine klare Stimme der Kirche in die Gesellschaft einzubringen. Es wäre eine vertane Chance, den Kairos dieses Pontifikats vergehen zu lassen und ausgerechnet jetzt mehr die Souveränität des Ortsbischofs als die Kollegialität der Bischöfe in der Bischofskonferenz zu betonen.