Paul VI. war schneller als die 68er
Diese Initiative kam von ganz oben: Als sich am 18. Dezember 1967 im Katholischen Büro in Bonn 24 Personen aus dem Raum der Kirche zur Gründung des "Arbeitskreises für Entwicklungshilfe" trafen, folgten sie damit dem Beispiel von Papst Paul VI. (1963-1978). Dieser hatte wenige Monate zuvor seine vielbeachtete Sozialenzyklika "Populorum Progressio" (Die Entwicklung der Völker) veröffentlicht und darin die wirtschaftlichen und sozialen Ungerechtigkeiten in der Welt angeprangert und auf den engen Zusammenhang zwischen Entwicklung und Frieden hingewiesen.
Doch der Papst beließ es nicht nur bei mahnenden Worten. Quasi als praktische Konsequenz seines Lehrschreibens gründete Paul VI. die Päpstliche Kommission "Justitia et Pax" (Gerechtigkeit und Friede) mit dem Ziel, "im ganzen Volk Gottes die Einsicht zu wecken, welche Aufgaben die Gegenwart von ihm fordert: die Entwicklung der armen Völker vorantreiben, die soziale Gerechtigkeit zwischen den Nationen fördern; den weniger entwickelten Nationen zu helfen, dass sie selbst und für sich selbst an ihrem Fortschritt arbeiten können", wie es im Päpstlichen Schreiben zur Gründung der Kommission heißt.
Forum für entwicklungspolitische Fragen
Mit dem Bonner "Arbeitskreis für Entwicklungshilfe" nahm die katholische Kirche in Deutschland – ebenso wie in vielen anderen Ländern – diesen Appell des Papstes auf. Damit gab es erstmals ein institutionalisiertes Forum für Fragen der kirchlichen Entwicklungshilfe sowie der nationalen und internationalen Entwicklungspolitik. 1982 folgte schließlich die Umbenennung des Arbeitskreises in Deutsche Kommission Justitia et Pax.
Linktipp
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der Deutschen Kommission Justitia et Pax.Die Kommission, die von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) getragen wird und ihren Sitz weiterhin in Bonn hat, versteht sich als "Runder Tisch" der katholischen Einrichtungen und Organisationen in Deutschland, die im Bereich der internationalen Zusammenarbeit tätig sind. Ihr gehören mehrere Bischöfe, Vertreter des ZdK, leitende Mitarbeiter der Bischofkonferenz und des Katholischen Büros, aus den großen katholischen Hilfswerken und Organisationen sowie Experten für internationale Politik an.
Justitia et Pax dient als gemeinsame kirchliche Stimme in Gesellschaft und Politik – mit dem Ziel, die globalen Fragen von Gerechtigkeit und Frieden im öffentlichen Diskurs wach zu halten. Die Kommission erarbeitet als Denkfabrik kirchliche Beiträge zur Entwicklungs-, Friedens- und Menschenrechtspolitik. Dabei arbeitet sie auch mit politischen Institutionen wie der Internationalen Arbeitsorganisation oder dem Deutschen Gewerkschaftsbund zusammen. Auch mit der evangelischen Kirche wird ein enger Dialog geführt, zum Beispiel in der 1973 gegründeten Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE).
Die Arbeitsweise von Justitia et Pax versteht sich als subsidiär – die Kommission will solche Fragen aufgreifen, die von anderen Akteuren noch nicht oder zu wenig bearbeitet werden. Grundlage des Handelns sind die kirchliche Sozial- und Friedenslehre, aber auch die vielfältigen Erfahrungen katholischer Organisationen in der weltkirchlichen Partnerschaftsarbeit.
Inhaltlich kümmert sich Justitia et Pax um eine breite Themenpalette – von der Abrüstungspolitik über Fragen der Geschlechtergerechtigkeit bis hin zum Recht auf Nahrung. Aktuelle Themen sind unter anderem der Kampf gegen Rüstungsexporte und für eine atomwaffenfreie Welt, der Einsatz für menschenwürdige Arbeit sowie Fragen im Kontext von Flucht und Migration.
Zweitägiger Festakt in Berlin
Eine Besonderheit sind die sogenannten Exposure- und Dialogprogramme, die Justitia et Pax gemeinsam mit sechs katholischen Hilfswerken trägt. Die Programme werden seit 1985 angeboten und ermöglichen Entscheidungsträgern und Multiplikatoren aus Kirche, Politik und Wirtschaft eine persönliche Begegnung mit Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ziel der Programme ist es, Verständnis für Entwicklungsprozesse und Schwierigkeiten vor Ort zu wecken sowie Impulse zu geben, so dass die Teilnehmer aus den Industrieländern ihre jeweiligen Handlungsmöglichkeiten zugunsten der Benachteiligten einsetzen.
Seinen 50. Geburtstag feiert Justitia et Pax am Donnerstag und Freitag mit einer Festveranstaltung in Berlin. Unter dem Leitwort "Das Gemeinwohl weltweit denken – Neue Wege integraler Entwicklung gehen" werden unter anderem Kardinal Reinhard Marx, Triers Bischof Stephan Ackermann als Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, ZdK-Präsident Thomas Sternberg und Noch-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Katholischen Akademie in Berlin erwartet. Während des Festaktes am Donnerstag wird auch eine Sonderbriefmarke "50 Jahre Justitia et Pax" vorgestellt. Am Freitag schließt sich dann ein Fachgespräch zur Frage menschenwürdiger Arbeit und globaler Wertschöpfungsketten an. Danach geht die Arbeit der Kommission wie üblich weiter: hauptsächlich hinter den Kulissen.