Feige: Ostdeutsche können mit "Gott" nichts anfangen
Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige hat sich optimistisch zur Zukunft der Kirchen in Ostdeutschland geäußert. Zwar wüssten viele Ostdeutsche mit dem Begriff "Gott" nichts mehr anzufangen, sagte Feige bei einer Podiumsdiskussion der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes. Aber die Katholiken verstünden sich als eine "schöpferische Minderheit", die zusammen mit anderen gesellschaftlichen Partnern durchaus Möglichkeiten habe, auch in Zukunft vielfältig und lebendig Kirche zu sein. Die Versammlung fand zum Thema "Christen in säkularer Gesellschaft" vom 17. bis 19. Oktober in Magdeburg statt.
Feige stellte die Situation in dem ostdeutschen Bistum dar: Die Diözese mit 23.000 Quadratmetern sei von der Fläche her die viertgrößte in Deutschland. "Mit etwa 83.000 Katholiken sind wir der Gläubigenzahl nach jedoch das zweitkleinste." Denn seit dem Fall der Berliner Mauer 1989 sei die Entkirchlichung vorangeschritten: Nach einer internationalen Studie sei der "Gottesglaube in Ostdeutschland der geringste weltweit". "Manche sprechen von einer 'forcierten Säkularität' oder von 'ererbter Gottlosigkeit', andere halten die meisten ehemaligen DDR-Bürger für 'religiös unmusikalisch', 'religiös naturbelassen', 'religionsresistent' oder 'gottlos glücklich'", erzählte der Bischof. "Sich kirchlicherseits auf eine solche Befindlichkeit einzustellen, erfordert eine große Offenheit und einen langen Atem."
In Zukunft würden die katholischen Christen auch aufgrund der demografischen Entwicklung weniger. Das dürfe sie aber nicht dazu bringen, sich als ein "heiliger Rest Getreuer" zurückzuziehen, sondern es heiße, "sich kritisch und konstruktiv dem Pluralismus zu stellen und Gesellschaft mit zu gestalten", so Feige. "Dabei ist es uns auch wichtig, Kirche als 'öffentliche Größe' im Bewusstsein zu halten und Religion durch ihre Gegner nicht ins private Abseits drängen zu lassen." Dafür sei die Ökumene wesentlich, denn dem Umgang der beiden Kirchen miteinander und das gemeinsame Auftreten komme eine besondere Bedeutung für die Glaubwürdigkeit zu.
Neher: fehlendem Politik-Vertrauen entgegenwirken
Zum Abschluss der Delegiertenversammlung nahm Caritas-Präsident Peter Neher das Ergebnis der Bundestagswahl in den Blick: Es spiegle eine gespaltene Gesellschaft; viele Menschen zweifelten daran, dass etablierte Parteien und Institutionen Lösungen für aktuelle Fragestellungen fänden. Daher hätten Politik, Kirchen und die Zivilgesellschaft die dringliche Aufgabe, diesem fehlenden Vertrauen entgegenzuwirken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
Die neue Bundesregierung müsse daher auch soziale Fragen beantworten, da die Chancen auf Teilhabe in Deutschland sehr ungleich verteilt seien. "So darf der Kampf gegen Kinderarmut den politisch Verantwortlichen genauso wenig gleichgültig sein wie die Prävention vor Altersarmut." Armut mache krank, verhindere Bildung und schließe vom gesellschaftlichen Leben aus. "Es braucht daher politische und gesellschaftliche Anstrengungen, um Lösungen zu finden, die Armutszusammenhänge überwinden helfen", forderte der Caritas-Präsident.
Rund 170 Vertreter aus den Caritas- und Fachverbänden sowie Ordensgemeinschaften kamen in Magdeburg zusammen. Die Delegiertenversammlung ist das höchste Beschlussorgan des Deutschen Caritasverbandes. (jhe)