Ein Zug namens Adolph und ein Papst ohne Kreuz
Am Donnerstag führte der Papst ein Video-Telefonat mit der Internationalen Raumstation ISS. 20 Minuten Smalltalk über das, womit man mit Astronauten eben redet: Wie erhaben die Erde doch von oben ist und so weiter. Der italienische Astronaut Paolo Nespoli äußerte dabei den Wunsch, dass nicht nur Ingenieure und Naturwissenschaftler, sondern auch Philosophen und Theologen ins All fliegen können. Warum er sich das so dringend wünscht, machte sein russischer Kollege klar: Dem fiel auf die päpstliche Erwähnung von Dante Alighieri hin nämlich nur "Der kleine Prinz" ein. Religionspädagogen dürften sich also schon jetzt im Weltraum wohlfühlen – auch wenn es in der Schwerelosigkeit ziemlich anspruchsvoll wäre, eine gestaltete Mitte aufzubauen.
Nicht nur der Papst wendet sich nach oben, auch die Kirchen in Deutschland blicken in den Himmel: Eine "Kirchen-Cloud" soll her. Aber was früher Kerngeschäft und "Unique selling proposition" der Firma Gott & Sohn war (nämlich der Zugang zum Himmel), muss heute outgesourcet werden. Wenigstens nicht fachfremd: Der Auftrag soll an Microsoft gehen, eine Firma, die wie keine zweite die Menschheit zu Stoßgebeten veranlasst hat.
Wobei – eine Firma gibt es dann doch, die noch mehr Menschen hat beten lassen: die Deutsche Bahn. Wer saß nicht schon in einem Zug und dachte über diese Worte Adolph Kolpings nach: "Die Zeit an sich betrachtet ist völlig wertlos, sie erhält den Wert für uns erst durch unsere Tätigkeit in ihr." Insgesamt über 100 neue Hochgeschwindigkeitszüge will die Bahn in den kommenden Jahren auf die Reise schicken – ganze drei davon stellt sie unter die Fürsprache von Heiligen und Seligen, darunter der selige Gesellenvater.
Damit beweist die Bahn ein geschickteres Händchen als frischgebackene Eltern aus Kassel: Deren Junge sollte nämlich Lucifer heißen – was durch beherztes Eingreifen des Standesamtes gerade noch verhindert werden konnte. Übrigens: Noch ein weiterer Kirchenmann steht auf der Liste der neuen Zugpatrone: Kardinal Marx. Allerdings scheint das ein Kurzzug zu werden – "Kardinal" kürzt die Bahn nämlich etwas ungewöhnlich mit "Karl" ab.
Was in Deutschland kein Problem ist, wäre in Frankreich wohl kaum möglich – im Mutterland des Laizismus wird man so schnell wohl keinen Train à grande vitesse sehen, der etwa nach dem Vielreisenden heiligen Jesuiten Pierre Lefevre benannt ist. Sogar Johannes Paul II. muss nämlich neuerdings in Frankreich auf sein Kreuz verzichten, urteilte das oberste Verwaltungsgericht. Immerhin ein Kompromiss: Die Papststatue selbst darf stehenbleiben, nur das Kreuz muss weg. Anderswo ist der Heilige aus Polen beliebter: Schon wieder wurde, diesmal am Gardasee, eine seiner Blutreliquien gestohlen. Hoffentlich wird sie wieder gefunden – der ehemalige Sekretär Johannes Pauls II., Kardinal Stanisław Dziwisz, hat nämlich nur noch wenige Liter der begehrten Reliquie auf Lager.