Ein Jesuit gehört zu den einflussreichsten Männern Simbabwes

Wie ein Priester den Abgang Mugabes organisiert

Veröffentlicht am 22.11.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Simbabwe

Bonn ‐ Fast vierzig Jahre lang herrschte der Diktator Robert Mugabe über Simbabwe. Am Dienstag trat der greise Präsident schließlich ab. Organisiert hatte den Abgang ein Freund: der Jesuit Fidelis Mukonori.

  • Teilen:

Am Ende gibt der einst so große Diktator ein jämmerliches Bild ab: Robert Mugabe soll "übermäßig geheult" haben, bevor die Militärs ihm am Sonntag den Fahrplan seines Abtritts diktierten. Nach fast vier Jahrzehnten teils brutalster Herrschaft hat der 93-jährige Präsident am Dienstagnachmittag seinen Rücktritt bekannt gegeben. Eine Schlüsselrolle beim Machtwechsel spielt ausgerechnet ein katholischer Priester.

Glaubt man dem Bericht eines Bediensteten im Präsidentenpalast, ist der Jesuit Fidelis Mukonori der Einzige, mit dem Mugabe zuletzt überhaupt noch sprach. Denn der greise Diktator habe sich zuvor in stillen Protest gegen den vom Militär auferlegten Hausarrest begeben, flüsterte der Mitarbeiter lokalen Medien. So befand sich Mugabe nicht nur seit Tagen im Hungerstreik, sondern verweigerte sich auch der Körperhygiene und des Sprechens mit anderen Menschen.

Die Ausnahme bildete sein langjähriger Vertrauter Mukonori. Dessen Einfluss beschränkt sich dabei längst nicht nur auf die Rolle eines Freundes. Der 1947 geborene Jesuit leitet dem Vernehmen nach die Mediation zwischen Mugabe und seiner Frau Grace auf der einen und dem früheren Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa und den Militärs auf der anderen Seite. Unterstützt wird Mukonori dabei von Vertretern etwa der südafrikanischen Regierung und der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC).

Mukonori war auch mit Verwandten Mugabes vertraut

Mukonoris Kontakt zur heutigen politischen Führungsspitze seines Landes begann früh. Als Mitarbeiter und später Vorsitzender der bischöflichen Kommission Justitia et Pax im damaligen Rhodesion habe er den späteren Diktator bereits unmittelbar nach dessen Entlassung aus der politischen Haft im Jahr 1974 erstmals persönlich getroffen. Neben Mugabe selbst habe der Jesuit dessen ganze Familie in dieser Zeit "recht vertraulich" kennen gelernt, wie Mukonori der simbabwischen Zeitung "The Herald" im Jahr 2015 berichtete.

Linktipp: Pastor: Papst soll Mugabe exkommunizieren

Seit über 30 Jahren herrscht der Despot Robert Mugabe über Simbabwe. Trotz massiver Menschenrechtsverletzungen zeigt er sich immer wieder als frommer Christ. Ein Pastor will dem nun ein Ende setzen. (Artikel von Oktober 2016)

In dieser Zeit trat der Priester auch selbst politisch in Erscheinung. So nahm er 1979 an der Londoner Konferenz teil, die im Lancaster-House-Abkommen über die Unabhängigkeit Simbabwes mündete. Parallel war er an der Ausarbeitung der 1980 in Kraft getretenen Verfassung und deren späteren Änderungen beteiligt. Laut einem auf "WikiLeaks" veröffentlichten internen Dokument der US-Botschaft in Harare war Mukonori dann auch an den Friedensverhandlungen im Bürgerkrieg der 1980er Jahre beteiligt. Im kirchlichen Bereich blieb der Jesuit hingegen eher unauffällig; von 2002 bis 2008 leitete er die simbabwische Provinz seines Ordens.

Dabei sei es weniger die Politik als vielmehr der katholische Glaube, die den Diktator mit dem Priester verbindet, sagt Mukonori: "Ich denke nicht, dass die Menschen wissen wie sehr er sich dem geistigen Leben verschrieben hat, wie inbrünstig, wie stark er bis heute glaubt.". Während des Bürgerkriegs etwa habe Mugabe stets einen Rosenkranz bei sich getragen und diesen auch gebetet. Obwohl Katholiken nur eine Minderheit in der Bevölkerung Simbabwes darstellen, ließ der Präsident seinem Glauben auch im öffentlichen Leben eine zentrale Rolle zukommen. So feierte sein Hausgeistlicher Mukonori etwa Großgottesdienste mit Tausenden Teilnehmern zum Nationalfeiertag.

Simbabwes Präsident Robert Mugabe trifft Papst Franziskus anlässlich einer Messfeier auf dem Petersplatz.
Bild: ©picture alliance/AP Photo/Gregorio Borgia

Seinem katholischen Glauben verlieh Robert Mugabe auch durch Reisen in den Vatikan Ausruck - trotz Einreiseverbot nach Europa.

Das Vertrauen quittierte der Jesuit mit teils fragwürdigen Sympathiebekundungen für einen Mann, der zu den umstrittensten Staatsführern weltweit zählt. So attestierte er dem Diktator nicht nur eine herausragende persönliche und spirituelle Disziplin, sondern auch große soziale Kompetenzen. "Der Präsident hat sich durch sein Amt als Staatsoberhaupt und als Politiker viele Feinde gemacht. Er muss sich nicht noch mehr Feinde machen, indem er sozial rücksichtslos wäre und er ist auch keine rücksichtslose Person", erklärte er dem "Herald". Selbst für einen engen Freund ist das eine zynische Aussage über einen Mann, der eine halbe Million Dollar für Champagner und Kaviar zu seinem Geburtstag ausgibt, während die wirtschaftliche Lage seines Landes so desaströs ist, dass es nicht einmal mehr über eine eigene funktionierende Währung verfügt.

Zugleich enthielt sich Mukonori in öffentlichen Äußerungen bislang dezidiert politischer Positionierungen. Er sei Priester und Freund, nicht Politiker, betonte der Jesuit stets. Aus dem geleakten Botschaftsdokument der USA wurde jedoch auch deutlich, dass Mukonori hinter verschlossenen Türen durchaus andere Rollen einzunehmen weiß. So habe er seine Position in der Vergangenheit etwa genutzt, um Kritik an Regierungsentscheidungen etwa im Bildungswesen zu äußern. Gespräche zwischen dem Jesuiten und Mugabe liefen nach Beobachtungen der US-Diplomaten zwar tatsächlich auf Basis einer alten Freundschaft ab, seien aber durchaus politisch gewesen.

Der Freund wollte den Rücktritt schon vor Jahren

Doch der zentrale Satz in dem vertraulichen Dokument aus dem Jahr 2007 ist ein anderer: "Fidelis Mukonori glaubt, dass es (längst) Zeit für Mugabe ist, zu gehen, aber er sagte uns auch, dass ein Abgang vor 10 oder 15 Jahren einfacher gewesen wäre." Seither ist ein weiteres Jahrzehnt vergangenen, in dem sich Mugabe über Krisen retten und seine eigene Macht behaupten konnte. Freund Fidelis wich dabei trotz seiner offenkundig kritischen Haltung nicht von der Seite des Diktators. Und dem dürfte das nun recht gelegen kommen. Denn dem Vernehmen nach vollzieht sich in Simbabwe nun ein sanfter Machtwechsel, aus dem Robert Mugabe als respektierter "Elder Statesman" hervorgehen könnte – auf Vermittlung von Pater Fidelis Mukonori.

Von Kilian Martin