Polnische Bischofskonferenz sieht das geplante Gesetz nur als ersten Schritt

Geschlossene Einkaufszentren reichen Bischöfen nicht

Veröffentlicht am 28.11.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Polen

Warschau ‐ Von 2020 an müssen Geschäfte in Polen sonntags geschlossen bleiben. Besonders die polnischen Bischöfe hatten für ein Verkaufsverbot gekämpft. Dennoch ist das geplante Gesetz für sie "nicht befriedigend".

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Die polnische Regierung will die derzeit erlaubte Ladenöffnung an Sonntagen stufenweise verbieten. Ab März soll es nur noch zwei verkaufsoffene Sonntage pro Monat geben, 2019 würden Einkaufszentren und Supermärkte dann nur am letzten Sonntag im Monat geöffnet, ab 2020 sollten sie sonntags ganz geschlossen bleiben. Das entschied das Unterhaus des Parlaments, der Sejm, am Freitag und folgte somit einem Vorschlag der Partei Recht und Gerechtigkeit PiS vom Vortag.

Damit erfüllt die PiS eine Forderung der katholischen Kirche und der Gewerkschaft Solidarnosc. Die Vollversammlung der Bischofskonferenz hatte zuvor das Parlament aufgerufen, für ein Ende der Sonntagsöffnung zu stimmen. Das würde 1,3 Millionen Menschen, vor allem Frauen, helfen, die bislang in Polen am Sonntag in Geschäften arbeiten müssten, betonten die Bischöfe. Die Ladenschließung komme den Familien und der Religionsausübung zugute.

Für Bischofskonferenz nur ein Schritt in die richtige Richtung

Aber der Kirche geht das nun beschlossene Gesetz nicht weit genug. Am Wochenende reagierte der Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz eher reserviert: "Die Beschlussfassung des Sejm über die Beschränkung des Handels am Sonntag ist nicht befriedigend, obwohl sie ein Schritt in die Richtung ist, arbeitsfreie Sonntage zurückzugewinnen", teilte Pawel Rytel-Andrianik mit.

Bild: ©KNA

Vollversammlung der polnischen Bischofkonferenz im Plenarsaal des polnischen Episkopats in Warschau. - Im März 2017 riefen die Bischöfe das Parlament auf, für die Volksinitiative der Solidarnosc gegen Ladenöffnungen am Sonntag zu stimmen.

Laut den Bischöfen sei es eine Notwendigkeit, dass der Sonntag für die ganze Gesellschaft ein Tag der Erholung und der Stärkung der sozialen Beziehungen sowie der Familienbande sei, so der Sprecher. "Die Sonntagsruhe darf kein Luxus für Ausgewählte sein," fügte Rytel-Andrianik hinzu. Sie sei ein untrennbares Element der gerechten Behandlung aller Arbeiter. Deshalb müssten alle Sonntage arbeitsfrei sein, wie sie es auch in vielen Ländern der Europäischen Union seien.

Denn kleinere Läden, in denen die Besitzer noch selbst an der Kasse stehen, sowie Tankstellen, Apotheken, Bäckereien, Geschäfte an Bahnhöfen, Blumenhändler und Souvenirläden soll das Handelsverbot voraussichtlich nicht betreffen. Auch die drei Sonntage vor dem ersten Weihnachtstag sowie der Sonntag vor Ostern und vier weitere Sonntage im Jahr – etwa vor Schulferien – sind künftig von dem Verkaufsverbot ausgenommen. Bislang dürfen in Polen am Sonntag alle Geschäfte ohne gesetzliche Einschränkung öffnen. Besonders Shopping-Malls sind an diesem Tag gut besucht. Nur an gesetzlichen Feiertagen sie ebenso wie Supermärkte geschlossen bleiben.

Bürgerinitiative forderte sofortiges völliges Verbot des Sonntagshandels

Das nun beschlossene Gesetz geht auf eine Bürgerinitiative zurück, die sich für den Schutz von Arbeitnehmern einsetzt. Die Solidarnosc hatte 2016 mit Unterstützung der Kirche mehr als eine halbe Million Unterschriften für ein sofortiges, fast völliges Verbot des Sonntagshandels gesammelt. Der nationalkonservativen Regierungspartei PiS ging diese Volksinitiative aber zu weit. Die liberale Oppositionspartei Moderne plädierte dafür, dass Angestellten im Einzelhandel zwei arbeitsfreie Sonntage pro Monat gesetzlich garantiert werden, ohne jedoch die Ladenöffnung an Sonntagen generell zu verbieten.

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Kritiker der Reform warnten vor negativen Auswirkungen auf die polnische Wirtschaft, Zehntausende Jobs im Einzelhandel seien in Gefahr. Dem widersprachen die Regierungsmitglieder. In der Branche fehlten Arbeitskräfte, meinte die PiS-Abgeordnete Urszula Rusecka.

Das Gesetz kann noch nicht in Kraft treten – ihm müssen noch die zweite Parlamentskammer, der Senat, und Staatspräsident Andrzej Duda zustimmen. Nach Expertenmeinung gilt beides als sicher. Allerdings könnten die Konsumenten selbst das Gesetz noch kippen: Ungarn hatte 2015 die Sonntagsöffnung von Geschäften verboten. Nach Protesten des Volks gegen das Ladenschlussgesetz hob das Parlament es 2016 wieder auf. (Mit Material von KNA und dpa)

Von Agathe Lukassek