Franziskus bittet die muslimischen Flüchtlinge um Verzeihung

Papst trifft Rohingya und nennt sie beim Namen

Veröffentlicht am 01.12.2017 um 15:20 Uhr – Lesedauer: 
Papstreise

Dhaka ‐ Bislang hatte der Papst auf seiner Asien-Reise zwar das Leiden der Rohingya-Flüchtlinge erwähnt, sie aber nicht beim Namen genannt. Nun traf er mit einigen von ihnen zusammen - und bat um Vergebung.

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Bei seiner Reise nach Bangladesch hat Papst Franziskus am Freitag Flüchtlinge des muslimischen Volkes der Rohingya getroffen. Dabei verwendete er laut Vatikanangaben auch den Begriff "Rohingya" – dies hatte er zuvor während seines Besuchs in Myanmar vermieden.

Am Ende eines interreligiösen Treffens auf dem Gelände der erzbischöflichen Residenz in Dhaka kamen drei Rohingya-Familien auf die Bühne, auf der Franziskus soeben eine Rede gehalten hatte. Der Papst begrüßte die 16 Frauen und Männer sowie zwei kleine Kinder einzeln, während die rund 5.000 Teilnehmer des Treffens die Szene nach anfänglichem Applaus schweigend und ergriffen verfolgten.

"Wir sind euch nahe", sagte der Papst anschließend improvisiert. "Im Namen aller, die euch Böses getan haben, und der Gleichgültigkeit der Welt bitte ich um Vergebung", fuhr er fort. Er forderte die Menschen auf, ihre Herzen nicht zu verschließen und nicht wegzuschauen. Nachdem auch die anderen anwesenden religiösen Führer die Flüchtlinge begrüßt und umarmt hatten, gab es ein Gruppenfoto. Der die Gruppe begleitende Imam sprach am Ende, von Tränen gerührt, ein Gebet.

Franziskus mahnte zuvor in einer Ansprache vor Vertretern des Islam, des Hinduismus, des Buddhismus und des Christentums einen "Geist der Offenheit, der Akzeptanz und Zusammenarbeit unter den Gläubigen" an, den er als "schlagendes Herz" bezeichnete. "Wie sehr bedarf unsere Welt dieses kraftvollen Herzens, um dem Virus der politischen Korruption und der destruktiven religiösen Ideologien entgegenzuwirken", sagte er und fuhr fort: "wie auch der Versuchung, die Augen vor den Bedürfnissen der Armen, der Flüchtlinge, der verfolgten Minderheiten und der Verletzlichsten zu verschließen." Spontan fügte er die Worte hinzu: "Die Gegenwart Gottes heißt heute auch Rohingya", womit er zum ersten Mal bei seiner Myanmar- und Bangladesch-Reise die Minderheit bei ihrem Namen nannte.

Erzbischof: Bangladesch wollte keinen Papstbesuch in Rohingya-Camps

Nach Aussage des Erzbischofs Moses Costa durfte der Papst wegen Bedenken der Regierung keine Rohingya-Flüchtlingslager besuchen. Costa ist Erzbischof von Chittagong, wo das Flüchtlingsgebiet im Bezirk Cox's Bazar liegt. Es hätte Probleme zwischen Bangladesch und Myanmar bringen können, sagte er.

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Zu dem interreligiösen Treffen kam der Papst mit einem lokalen Verkehrsmittel: auf einer Rikscha. Zuvor hatte Franziskus am Mittag die Minderheit der Katholiken in Bangladesch dazu aufgerufen, sich gemeinsam mit anderen Religionen für Frieden einzusetzen. Die Bischöfe des Landes mahnte er zum Dialog mit anderen Religionen. Dies wecke auch "die geistlichen Kräfte, die für den Aufbau des Landes in Einheit, Gerechtigkeit und Frieden nötig sind", so der Papst bei einer Begegnung mit den zehn Bischöfen Bangladeschs in Dhaka. In dem muslimischen geprägten Land sind nur 0,24 Prozent der Bevölkerung Katholiken, also etwa 375.000 der mehr als 160 Millionen Einwohner. Franziskus sagte den Bischöfen, religiöse Oberhäupter sollten sich einheitlich "gegen Gewalt unter dem Deckmantel der Religion aussprechen" und Konflikte durch eine "Kultur der Begegnung" ersetzen.

Papst würdigt Einsatz der Katholiken im Land

Auch der Vorsitzende von Bangladeschs Bischofskonferenz, Kardinal Patrick D'Rozario, betonte die Zusammenarbeit mit Vertretern anderer Religionen. Als Herausforderungen für Bangladesch und die Kirche im Land nannte er den Klimawandel sowie die Flüchtlinge – "unter ihnen auch unsere Brüder und Schwestern Rohingya" sowie "Inkulturation und Evangelisierung". Rosario kritisierte Rachefeldzüge der Mächtigen, religiösen Formalismus sowie Gewalt gegenüber Minderheiten.

Bei dem Treffen in einem Altersheim für Priester würdigte Franziskus den Einsatz der Katholiken für Bildung, Bedürftige und die Gesellschaft. "Und doch sehen wir, gerade im Licht der gegenwärtigen Flüchtlingskrise, wie viel mehr noch getan werden muss!", mahnte Franziskus. Nach dem Treffen mit den Bischöfen besuchte der Papst einige kranke Priester.

Fast-Unfall beim  Bad in der Menge

Am Freitagmorgen hatte Franziskus vor rund 100.000 Menschen eine Messe unter freiem Himmel gefeiert. Dabei weihte er im Suhrawardy-Udyan-Park in der Hauptstadt 16 Priester – das erste Mal bei einer Reise. Als Franziskus im Papstmobil durch die jubelnde Menge fuhr, erklangen "Viva-Papa"-Rufe. Viele hatten in der Morgensonne ausgeharrt, um ein Bild vom Pontifex zu machen.

Auf der Fahrt durch die Menschenmenge kam es fast zu einem Unfall, als ein Strommast in dem Moment zu kippen begann, als Franziskus im halboffenen Papamobil vorbeifuhr. Die Sicherheitsleute des Papstes reagierten auf Rufe aus der Menge und hielten den hölzernen Mast fest, wie ein Video des italienischen Senders TV2000 dokumentiert.

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Bei seiner Predigt auf dem Parkgelände mahnte Franziskus die neuen Priester, den Glauben zu verkünden und im Leben zu bezeugen. Besonders sollten sie sich um Arme und Bedürftige kümmern. "Habt immer das Beispiel des Guten Hirten vor Augen! Er ist nicht gekommen, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen", mahnte der Papst. Den Gottesdienstteilnehmern, die teilweise von weit her kamen, dankte er. "Das zeigt eure Liebe zur Kirche, eure Liebe zu Christus."

In Bangladesch entführter Priester frei

Für Aufmerksamkeit sorgte auch das Wiederauftauchen eines vier Tage lang vermissten katholischen Priesters. Es gehe dem Geistlichen gut, teilte am Freitag die Polizei in Bonpara mit, wo der 40-Jährige am Montag zuletzt gesehen worden war. Der Priester sei entführt gewesen und nicht, wie zunächst befürchtet, in die Hände islamistischer Terroristen gefallen, berichtet die Zeitung "The Daily Star". Walter William Rozario sei seinen Entführern entkommen, wird dessen Bruder Bimal Rozario zitiert. Er habe seine Familie von einer Bushaltestelle 300 Kilometer entfernt aus angerufen, wo ihn dann eine Polizeistreife abgeholt habe. Im vergangenen Jahr war in derselben Gegend, in der der Priester verschwand, ein Christ von mutmaßlichen Islamisten getötet worden.

Am Samstag ist zunächst ein privater Besuch von Franziskus im Mutter-Teresa-Haus geplant, danach trifft sich der Papst mit Ordensleuten und Seminaristen. Den Abschluss seiner Reise bildet ein Treffen mit Jugendlichen. Danach fliegt er zurück nach Rom. (luk/dpa/KNA)