Wächterrat argumentiert mit islamischem Gesetz

Iran: Nicht-Muslime nicht mehr im öffentlichen Dienst?

Veröffentlicht am 19.12.2017 um 14:05 Uhr – Lesedauer: 
Religionsfreiheit

Teheran ‐ Religiöse Minderheiten im Iran sollen demnächst nicht mehr in Stadträten arbeiten dürfen. Der zuständige Wächterrat argumentiert mit islamischen Gesetzen - entgegen der Verfassung des Landes.

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Religiöse Minderheiten im Iran sollen demnächst nicht mehr in Stadträten arbeiten dürfen. Das gab der iranische Wächterrat, ein von erzkonservativen Klerikern dominiertes legislatives Gremium, am Dienstag bekannt. Die Wahl von Nicht-Muslimen als Lokalpolitiker in einer Stadt, in der die Mehrheit der Menschen Muslime sind, sei gegen die islamischen Gesetze und daher nicht gestattet, sagte Ratssprecher Abbas-Ali Kahchodaei laut Nachrichtenagentur IRNA. Beobachter erwarten aber, dass die Entscheidung noch einmal von einem Schlichtungsrat überprüft wird.

Da in allen iranischen Städten eine muslimische Mehrheit lebt, könnten sich somit religiöse Minderheiten nicht mehr für Stadträte zur Wahl stellen. Das Parlament hatte dies jedoch in einem Gesetzentwurf befürwortet. Der Wächterrat, der auch als Verfassungsgericht agiert, lehnte den Gesetzentwurf allerdings ab. Aber auch laut Verfassung dürfen Nicht-Muslime in Stadtverwaltungen Ämter ausüben, solange sie in ihrer eigenen Religion gläubig sind.

Netanjahu warnt vor Christenverfolgung im Iran

Hintergrund der monatelangen Querelen zwischen dem Parlament - sowie der Regierung von Präsident Hassan Ruhani - und dem Wächterrat ist der Zoroastrier Sepanta Niknam, Wirtschaftskommissar in der Stadtverwaltung in Jasd in Zentraliran. Gegen seine Wiederwahl hatte dessen Widersacher, der Hardliner Ali Asghar Bagheri, beim Wächterrat protestiert - mit Erfolg. Im November konnten sich Ruhani und die Reformer in Parlament jedoch kurzfristig gegen den Wächterrat durchsetzen und einen Teilerfolg erzielen. Niknam durfte bis auf weiteres in der Stadtverwaltung weiterarbeiten. Der Fall hatte auch zu massiven Protesten der Iraner in sozialen Netzwerken geführt.

In der Vergangenheit hatte etwa Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Iran eine brutale Verfolgung von Christen vorgeworfen. "Viele Christen leben dort in ständigem Terror", sagte er Mitte Oktober bei einem christlichen Medientreffen. Christen in dem Land werden seiner Meinung nach für die Ausübung ihres Glaubens gefoltert, ihre Führer verhaftet, Konvertiten eingesperrt. (bod/dpa)