Silvester mit Gebet statt Feuerwerk
Jedes Jahr verbringe ich Silvester anders: Manchmal mit vielen Freunden auf einer Party, manchmal im kleinen Kreis bei heimischen Raclette-Essen, manchmal auf einem Städtetrip im Ausland. Ein buntes Feuerwerk gehört jedoch meistens dazu. Dieses Jahr werde ich den Jahreswechsel ohne Böller auf eine wieder andere Art feiern: mit mehr als 15.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen beim Europäischen Jugendtreffen der Gemeinschaft von Taizé. Seit die Brüder 1978 das erste Jugendtreffen in Paris veranstaltet haben, gibt es jedes Jahr im Rahmen des sogenannten "Pilgerwegs des Vertrauens" ein Treffen in einer anderen europäischen Großstadt. Dieses Jahr hat die ökumenische Gemeinschaft nach Basel in die Schweiz eingeladen.
Mit der Spiritualität von Taizé habe ich bislang gute Erfahrungen gemacht. Immer wenn ich die eingängigen Gesänge der Brüder aus Burgund höre, freue ich mich innerlich. Denn sie haben mir dabei geholfen, ein gläubiger Christ zu werden. Als Jugendlicher bin ich oft nach Taizé gefahren. Ich habe dort in der schmucklosen Kirche der Versöhnung gebetet, in den einfachen Baracken geschlafen und beim Bibelteilen mit anderen Jugendlichen gemerkt, wie bereichernd es sein kann, wenn jeder den anderen erzählt, was er von der Heiligen Schrift verstanden hat. So konnte ich meinem Kinderglauben an einen himmlischen Gott mit weißem Bart entwachsen und erfahren, dass er für mein Leben hier auf der Erde relevant ist.
2007, vor zehn Jahren, habe ich bereits einmal ein Taizé-Jugendtreffen besucht; damals fand es auch in der Schweiz statt, in Genf. Diese Jugendtreffen sind wie die Weltjugendtage, die es in der katholischen Kirche gibt, nur etwas kleiner und ausschließlich mit Teilnehmern aus Europa: Viele junge Menschen, die am Glauben interessiert sind, treffen sich in einer Metropole und haben gemeinsam Spaß. Sie sprechen, beten und singen gemeinsam. Es war damals wichtig für mich zu sehen, dass ich mit meiner Sehnsucht nach Gott nicht alleine bin, sondern, dass es viele andere junge Menschen gibt, die diese Glaubenssuche teilen. In der Schule habe ich mich zu jener Zeit mit diesen Fragen eher alleine gefühlt.
Zudem finde ich an der Gemeinschaft von Taizé sehr beeindruckend, wie selbstverständlich dort die Ökumene gelebt wird. Katholische und evangelische Männer bilden eine Gemeinschaft im Glauben. Dabei respektieren sie gegenseitig die Überzeugungen des jeweils anderen und empfinden die unterschiedlichen Glaubenstraditionen eher als bereichernd, denn als trennend. Dafür erhalten die Brüder von den Päpsten große Anerkennung. Johannes Paul II. besuchte sogar während einer Frankeich-Reise das bei Cluny gelegene Taizé und bis heute empfängt der Papst den Prior der Gemeinschaft einmal im Jahr zu einem Treffen im Vatikan.
Mich haben die Tage in Genf vor zehn Jahren sehr geprägt. Die Herzlichkeit meiner Schweizer Gastfamilie, die Gespräche mit anderen Jugendlichen, die atemberaubende Stille bei den Gebeten in den vollen Messehallen. Ich hoffe, in diesem Jahr wird es in Basel ebenso sein. Dafür will ich gerne auf Böller und Feuerwerk verzichten.
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Hintergrund: Das Taizé-Treffen 2017/2018 in Basel
Vom 28. Dezember bis zum 1. Januar findet das 40. Europäische Jugendtreffen der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé in Basel statt. Mehr als 15.000 Jugendliche und junge Erwachsene aus fast allen europäischen Staaten wollen dabei gemeinsam mit den Brüdern beten, singen und über Bibeltexte sprechen. Untergebracht sind sie bei Gastfamilien in etwa 200 Kirchengemeinden in Basel und im Umland der Schweiz, Frankreichs und Deutschlands. Mit nahezu 5.000 Personen stellen Polen die größte Teilnehmergruppe, gefolgt von 2.800 Ukrainern und 1.500 Deutschen.
Die Kirchenoberen schicken regelmäßig Grußbotschaften anlässlich des Treffens. Papst Franziskus schrieb, er bete für die Jugendlichen der verschiedenen Konfessionen, "dass ihr euch an der Verschiedenheit der von Christus all seinen Jüngern geschenkten Gaben freut und euch durch sie bereichern lasst". Sie könnten zeigen, "dass die Freude des Evangeliums uns über alle Wunden unserer Trennungen hinweg vereint". Der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., schrieb, es freue ihn, dass die Jugend jedes Jahr einige Tage lang "die Erfahrung einer - wenn auch unvollkommenen - Gemeinschaft macht". Taizé sei ein Ort der Ökumene und "Schmelztiegel der Versöhnung", so das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie.
Zur Gemeinschaft von Taizé gehören um die 100 Brüder verschiedener Konfessionen. 1949 gründete der reformierte Theologe Roger Schutz den ökumenischen Orden im gleichnamigen französischen Dorf nahe der Schweizer Grenze. Seit den 60er-Jahren finden dort Jugendtreffen statt. Ab 1978 laden die Brüder jährlich in eine andere Großstadt zu einem Europäischen Jugendtreffen ein. Inzwischen veranstaltet die Gemeinschaft zudem Treffen auf anderen Erdteilen. (rom)