Das Comeback des katholischen Priesters im Fernsehen
Der Trickbetrüger Maik Schäfer schlüpft in die Soutane eines verstorbenen Priesters, um der Polizei zu entkommen und wird prompt für den neuen Pfarrer der Gemeinde Läuterbach gehalten. So nimmt die neue zehnteilige RTL-Serie "Sankt Maik" ihren Lauf, deren erste beiden Folgen heute Abend ab 20.15 Uhr zu sehen sind. Und kaum hat die resolute Pfarrhaushälterin den falschen Priester erstmal in Empfang genommen, wird er auch schon zu seinem ersten Einsatz gerufen: zur letzten Ölung einer todkranken Frau. Verlockendere berufliche Perspektiven tun sich für den Ganoven unerwartet auf, als er in seiner Kirche eine wertvolle Monstranz entdeckt.
"Sankt Maik" ist das Comeback des katholischen Priesters im deutschen Fernsehen zur besten Sendezeit. Seit der Serie "Pfarrer Braun" mit Ottfried Fischer in der Hauptrolle steht nun erstmals wieder ein Priester im Mittelpunkt einer Serie, wenn auch ein falscher. RTL bleibt hierbei der üblichen konfessionellen Rollenverteilung im deutschen Fernsehen treu: Katholische Priester sind für Humor und Klamauk zuständig, evangelische für die Probleme. Für ernstere Gemüter ist "Sankt Maik" daher nichts. Die Serie ist oberflächlich aus Leidenschaft. Anders als manch seichte Produktion der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender erhebt sie aber auch gar nicht erst den Anspruch, Tiefgang zu haben. Das macht sie zu einem kurzweiligen Sehvergnügen.
Plot erinnert an "Fack ju Göhte"
Der Plot der Serie erinnert stark an den Kino-Erfolg "Fack ju Göhte": Hier wurde ein Dieb zum Lehrer, um an seine vergrabene Beute zu gelangen und macht sich mit seiner unkonventionellen Art beliebt, findet aber durchaus auch Gefallen an seinem neuen Beruf. Auch der falsche Priester Maik hat es eigentlich nur auf die Monstranz abgesehen hat, um seine 50.000 Euro Schulden aus einem misslungenen Deal zu begleichen. Doch er kommt bei den Leuten besser an, als mancher seiner echten Kollegen, die ihr Priestertum wie eine Monstranz vor sich hertragen. Denn der Ganove, der zu Beginn der ersten Folge mit dem Song "Sympathy for the Devil" von den Rolling Stones vorgestellt wird, wirkt als Diener Gottes viel Gutes, wenn auch zuweilen aus unlauteren Motiven: Mal tröstet er den Filialleiter der örtlichen Bank, in deren Tresor die richtige Monstranz (in der Kirche ist nur die Kopie) lagert, über die Trennung von dessen Frau hinweg; nur damit der nicht mehr in der Filiale schläft und Maik freie Bahn für einen Einbruch hat; mal befreit er eine alleinerziehende Mutter aus einem ausbeuterischen Arbeitsverhältnis.
Die Szenen und Dialoge sind oft witzig. Etwa wenn Maik in seinem ersten Gottesdienst vor der Gemeinde steht, alle auf die Predigt warten und der falsche Priester dann kein Wort hervorbringt und "I say a little prayer" von Aretha Franklin anstimmt – und alle mitsingen. Die Serie lebt nicht zuletzt vom Kontrast zwischen der halbwegs heilen Welt der katholischen Kirchengemeinde auf dem rheinischen Land und dem Kleinganoven-Milieu, in dem sich Maiks Bruder Kevin weiter herumtreibt, zwischen "Herr Pfarrer" und "Ey Alter". Wenn Maik einer frommen Katholikin zu erklären versucht, dass die Monstranz aus der Kirche geklaut wurde, klingt das so als würde er von einem Minirock sprechen: "Das kleine Goldene, sie wissen schon."
Unverbrauchte Gesichter
Die neue Serie überzeugt schließlich mit unverbrauchten Gesichtern. Hauptdarsteller Daniel Donskoy war bislang vor allem im britischen Fernsehen zu sehen. Dem gebürtigen Moskauer, der als Säugling mit seiner Familie nach Berlin gezogen ist und jetzt in London lebt, schafft es mit seiner jungenhaften, unaufgeregten Art stets, das Abgleiten in den uferlosen Klamauk elegant zu verhindern.
Besonders realistisch ist die Geschichte vom falschen Priester zweifelsohne nicht. Wer will, kann sich an Übertreibungen und Klischees stören, auch wenn nach Senderangaben ein echter Pfarrer die Produktion beraten hat. Welcher Geistliche etwa läuft heute noch wie Maik ständig in Soutane herum? Aber alles in allem ist die Darstellung des Priesters in "Sankt Maik" kaum unrealistischer als die des Kripo-Hauptkommissars in einem durchschnittlichen "Tatort". Abgesehen davon ist die Serie meistens so lustig, dass man sich diese Frage kaum stellt. Und vielleicht amüsiert sich ja auch der ein oder andere Bischof."Wenn sich irgendein katholischer Bischof bei mir danach meldet, würde ich Freudensprünge und Saltos machen", verriet Hauptdarsteller Donskoy.