Ein Pionier des Brückenbaus zwischen Kirche und Welt
Karl Forster wurde nur 53 Jahre alt, aber wenige prägten den deutschen Katholizismus in der Nachkriegszeit so stark wie er: Heute hätte der Prälat seinen 90. Geburtstag feiern können, wäre er nicht schon 1981 gestorben. Der Sohn eines Amberger Ingenieurs war der erste Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz und zuvor Gründungsdirektor der Katholischen Akademie in Bayern.
Dass er selbst nie Bischof wurde, soll seinerzeit Franz Josef Strauß durch eine persönliche Intervention bei Papst Paul VI. verhindert haben - mit einem Hinweis auf eine angeblich leitende Tätigkeit bei der Hitlerjugend. So deutet es zumindest Hans Maier in seiner Autobiografie an. Sichere Belege fehlen für diese Behauptung. Möglicherweise war Forster auf unterster Ebene HJ-Gruppenführer.
Für Maier, den damaligen bayerischen Kultusminister und Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), wurde Forster zu einem enorm wichtigen Gesprächspartner. Denn von diesem erfuhr er über Jahre "fast alles Wichtige, was in der Kirche vorging, aber nicht in den Zeitungen stand".
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Nach dem Urteil von Zeitgenossen zeigte der kräftig gebaute Oberpfälzer Forster schon früh eine subtile Intelligenz und diplomatische Begabung, etwa als agiler Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Sein wissenschaftliches Talent begann sich mit einer Promotion beim renommierten Dogmatiker Michael Schmaus gerade zu entfalten, da wurde er 1957 mit nur 29 Jahren zum Gründungsdirektor der Katholischen Akademie in Bayern bestellt.
Ein Paukenschlag gelang Forster dort gleich mit der ersten Tagung über "Christentum und demokratischen Sozialismus", zu der er 1958 Carlo Schmid und weitere SPD-Größen einlud. Wie unerhört das war, lässt sich daran ermessen, dass damals noch ein katholischer Geistlicher völlig unangefochten die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag führen konnte.
Miteinander statt übereinander reden
Weitsichtig öffnete der Akademiedirektor die Türen für ein unvoreingenommenes Gespräch zwischen Kirche und Welt, wie es Jahre später auch das Zweite Vatikanische Konzil propagierte. Forster verfolgte die Devise, miteinander statt übereinander zu reden, und setzte dies beharrlich gegen Widerstände und Anfeindungen durch. Dass die Akademie mit ihrem Neubau mitten in München und nicht im idyllischen Oberland angesiedelt wurde, ging ebenfalls auf sein Konto und war programmatisch zu verstehen.
Damit etablierte der Prälat im deutschen Katholizismus eine neuartige, überkommene Milieugrenzen sprengende Diskussionskultur, sagt Simon Oelgemöller. Nicht nur in diesem Zusammenhang sei Forster eine "Schlüsselfigur". Der Historiker hat im Rahmen einer Dissertation an der Universität Mainz die erste wissenschaftliche Biografie über Forster verfasst, die in den nächsten Monaten als Buch erscheint.
1967 machte der Münchner Kardinal Julius Döpfner Forster zum Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz. Sie hatte damals noch keinen eigenen Apparat, das bedeutete erneut Pionierarbeit für den Priester. Das Sekretariat befand sich damals in München im Schatten der Theatinerkirche und nicht in Bonn. Forsters wichtigste Mitarbeiterin war seine Schwester Maria, die heute noch in München lebt.
Mit einer Satzung für den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) schuf Forster eine der wichtigsten Grundlagen für die Zusammenarbeit der deutschen Bischöfe bis heute. Und er bereitete die Würzburger Synode der westdeutschen Bistümer als deren Sekretär vor. Dabei initiierte er mit einer ausgedehnten Befragung deutscher Katholiken durch Meinungsforscher das damals größte religionssoziologische Projekt der Welt.
Forster wollte nicht auf ewig Manager bleiben. Trotzdem kam es für viele überraschend, als er 1971 einen Ruf an die neu geschaffene Universität Augsburg annahm, wo er noch zehn Jahre Pastoraltheologie lehrte und sich an vielen Debatten beteiligte. Auf dem Weg in den Hörsaal ereilte ihn am 23. November 1981 ein tödlicher Herzinfarkt.