Warum Falco ein Mystiker war
Es war ein tragischer Tod: Am 6. Februar 1998 starb der österreichische Popstar Falco bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik. Schon zuvor war sein Leben regelrecht abgestürzt, sagt der Wiener Dompfarrer Anton Faber. Und er weiß auch: Johann "Hans" Hölzel - wie der Musiker bürgerlich hieß - war ein religiöser Mensch. Deshalb erinnerte Faber nun mit einer Gedenkstunde im Wiener Stephansdom besonders an die religiösen und mystischen Elemente in den Liedern des Popstars. Wir haben mit ihm über den Mystiker Falco gesprochen.
Frage: Herr Faber, haben Sie Falco vor 20 Jahren beerdigt?
Faber: Nein. Zwar bin ich schon seit 20 Jahren Dompfarrer in Wien, aber ich habe Falco nicht beerdigt. Leider habe ich ihn zu Lebzeiten auch nie persönlich getroffen, ich war mehr ein stiller Bewunderer. Seine Mutter, Maria Hölzel, habe ich vor vier Jahren auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt. Wir haben sie würdevoll in einer Urne zu ihrem Sohn ins Grab gelegt. Die beiden waren sehr innig miteinander verbunden, denn Falco war ihr einziges Kind. Sie soll die letzten Jahre ihres Lebens stundenlang seine Musik gehört haben. Sein Tod war eine Tragödie für sie.
Frage: War sein Tod ein Unfall oder doch Selbstmord?
Faber: Falco ist 1998 bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik ums Leben gekommen. Daran gibt es keinen Zweifel. Doch die Umstände waren tragisch. Er war ziemlich betrunken und stand unter Drogen, als sein Auto von einem Bus erfasst wurde. Sein Leben war ein regelrechter Absturz.
Frage: Eines seiner letzten Lieder mit dem Titel "Out of the dark, into the light" wird als sein Vermächtnis interpretiert. Sehen Sie das auch so?
Faber: Ja. Nach Falcos Tod wurde das Album veröffentlicht und entwickelte sich zu einem großen Erfolg. Dies lag in erster Linie an der darin enthaltenen Textzeile: "Muss ich denn sterben, um zu leben?" Das Lied entstand zwar einige Jahre vor Falcos Tod und wurde auch nicht von ihm geschrieben, aber er hat sich diese Zeilen quasi zu eigen gemacht. Es geht in dem Lied um Drogen und um eine unglückliche Liebe. Doch Falco wollte mit seiner Musik über sein Leben hinaussteigen, das Sichtbare überwinden. Ich finde seine Texte mystisch.
Frage: Ist Falco ein Mystiker?
Faber: In manchen Liedzeilen könne man meinen, einen christlichen Mystiker mit einer bemerkenswerten spirituellen Tiefe zu hören. Es heißt da zum Beispiel: "Wann kommst du meine Wunden küssen? Nenn mir den Preis, dann schließt sich der Kreis." Das sind mystisch-religiöse Motive. Bei den Mystikern findet man dieses Gedankengut auch. Der Kuss wird oft als Motiv in der mittelalterlichen Todesmystik verwendet. Dort wird die "unio mystica" beschrieben, das Einswerden mit Gott wie es Meister Eckhart oder Mechthild von Magdeburg auch beschreiben. Es heißt in Falcos Lied an einer anderen Stelle: "Ich bin bereit, denn es ist Zeit für unseren Pakt über die Ewigkeit. Du bist schon da, ganz nah, ich kann dich spüren." Aus diesen Worten spürt man regelrecht eine tiefe Todessehnsucht. Falco war sein ganzes Leben lang ein Suchender, der durchaus religiös war. Er war getrieben von seiner Sehnsucht nach Gott und dem Tod.
Frage: Woher kam diese Todessehnsucht bei Falco?
Faber: Er war ein echtes Wiener Kind, eine verlorene Seele und ein gebrochener Star. Er hatte in seiner Lebensgeschichte viele Brüche erfahren. In seinem kurzen Leben schaffte er es zwar den Pop-Olymp zu erklimmen, privat stand er aber immer wieder vor einem Scherbenhaufen. Er hat viel an sich gezweifelt und war sehr verletzlich. Alkohol und Drogen standen bei ihm manchmal an der Tagesordnung. Es gelang ihm einfach nicht, dem permanenten Erfolgsdruck des Musikgeschäfts standzuhalten. Er war von der Sucht getrieben, über sich selbst hinauszuwachsen. Er ist in seiner Sehnsucht abgesackt, würden wir Wiener sagen. Trotzdem war er der erfolgreichste Popstar Österreichs.
Frage: Haben Sie sein Grab schon besucht?
Faber: Ja, mit Freunden und Weggefährten haben wir sein Grab am Wiener Zentralfriedhof besucht und dort einen Kranz niedergelegt und das Grab gesegnet. Die Gestaltung des Grabes ist Geschmackssache. Falco ist auf einem gläsernen Gedenkstein in einer seiner typischen Bühnenposen abgebildet. Dazu trägt er einen schwarzen Umhang. Damals in den 80er Jahren dachte man, das passt für so einen exaltierten Künstler. Aber für mich wirkt er so abgehoben, unnahbar. Es gab auch den ganz normalen Hansi Hölzel, der gerne "off the records" war. Ich finde schön, dass auf dem Grabstein daneben auch sein bürgerlicher Name zu lesen ist. Er war ein Mensch und ein Musiker Gottes.
Frage: Beten Sie für Falco?
Faber: Ja, es gab auch im Stephansdom eine öffentliche Gedenkstunde mit Prominenten und Wegbegleitern des Musikers. Junge Musiker, die in seine Fußstapfen treten, haben seine Songs interpretiert. Es ist wichtig, dass sein Lebenswerk weitergeht und gewürdigt wird. Bei der Gedenkstunde im Dom habe ich ein Gleichnis aus der Bibel vorgelesen. Dort heißt es im Johannesevangelium: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht." Ich dachte mir, das passt zu Falco und seinem Leben. Nun kann er ganz nah bei Gott sein, seine Musik wird ewig weiterleben.