Der päpstliche Staat lässt sich nicht in die Geldtöpfe schauen

Woher bekommt der Vatikan sein Geld?

Veröffentlicht am 13.02.2018 um 16:25 Uhr – Lesedauer: 
Finanzen

Bonn ‐ Wenn es um seine Finanzen geht, gibt sich der Vatikan nach wie vor zugeknöpft. Über seine Einnahmen ist nur wenig bekannt. Fest steht nur: Vermögen und Immobilienbesitz reichen zum Überleben nicht aus.

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Man stelle sich vor, ein deutsches Bistum würde so etwas machen: Seinen Haushalt nicht veröffentlichen und stattdessen nur eine Pressemitteilung mit gerade mal vier Zahlen zu jährlichen Einnahmen und Ausgaben herausgeben. Was hierzulande spätestens seit der Affäre "Tebartz-van Elst" undenkbar wäre, ist im Vatikan bis heute gängige Praxis. Trotz Kurienreform und päpstlicher Transparenz-Offensive publiziert der kleinste Staat der Welt auch im Pontifikat von Franziskus immer noch keinen detaillierten Haushalt. Wenn es darum geht, öffentlich Rechenschaft über Herkunft und Verwendung finanzieller Mittel in seinem Haushalt zu geben, bleibt der Vatikan so verschwiegen wie eine Schweizer Bank. Das führt zu Spekulationen über einen angeblich sagenhaften Reichtum des Vatikans auch außerhalb verschwörungstheoretischer Zirkel.

Nicht einmal wie hoch die Gesamteinnahmen des Vatikans überhaupt sind, lässt sich daher genau beziffern. Die letzte Zahl, die dazu vorliegt, stammt aus dem Jahr 2006. Damals hatte der Heilige Stuhl Einnahmen in Höhe von 227,8 Millionen Euro. Der Heilige Stuhl umfasst die Behörden für die Leitung der Weltkirche, von der Glaubenskongregation bis zum Päpstlichen Rat für die Kultur. Getrennt davon wird der Haushalt des Vatikanstaats aufgestellt, der vor allem die Infrastruktur enthält, etwa die vatikanische Post, die Gärtnerei oder die Gendarmerie. Für diesen Haushalt liegt für 2006 nur eine Schätzung vor; die Einnahmen lägen demnach bei etwa 150 Millionen Euro.

Das Erzbistum Freiburg nimmt mehr Geld ein als der Vatikan

Rechnet man beide Zahlen zusammen lagen die vatikanischen Erträge vor 12 Jahren bei etwa 380 Millionen Euro. Berücksichtigt man die Inflationsrate und nimmt an, dass sich die Geldflüsse seither insgesamt nicht wesentlich verringert haben, käme man für den Vatikan insgesamt auf einen groben Richtwert von jährlich einer halben Milliarden Euro Einnahmen. Zum Vergleich: Das Erzbistum Freiburg hat jährlich Erträge von mehr als 600 Millionen Euro.

Bild: ©Route66/Fotolia.com

Münzen aus dem Vatikan sind sehr beliebt - zum Beispiel die Ein-Euro-Münze mit dem Konterfei von Papst Franziskus.

Auch welche Einnahmequellen der Vatikan hat und wieviel Erträge sie im Einzelnen bringen, lässt sich nicht vollständig beantworten. Die Haupteinnahmequelle anderer Staaten fehlt dem Vatikan jedenfalls: Der päpstliche Staat erhebt weder Einkommens- noch Mehrwert- oder Kirchensteuer. Das meiste Geld erwirtschaftet er stattdessen nach jüngsten Angaben von 2015 durch Erträge aus Geldanlagen in ungenannter Höhe. Offizielle Angaben über die Höhe des vatikanischen Vermögens gibt es ebenfalls nicht. Bekannt ist, dass es größtenteils aus Wertpapieren und Immobilien besteht. Öffentlich zu einem ethischen Investment verpflichtet hat sich der Vatikan bislang nicht.

Der Grundstock des Vermögens kommt aus Italien

Grundstock des vatikanischen Vermögens bilden jene umgerechnet rund 80 Millionen Dollar, die der Vatikan 1929 durch die Lateranverträge vom italienischen Staat erhielt. Das Geld, damals eine gewaltige Summe, war die Entschädigung für den Gebietsverlust, den der Papst 1870 durch den Untergang des Kirchenstaats erlitt. Dieser umfasste damals Teile der heutigen Regionen italienischen Regionen Latium und Umbrien.

Der Vatikan teilte zuletzt lediglich mit, dass das Vermögen des Heiligen Stuhls um 939 Millionen Euro gewachsen sei, ohne dessen Gesamthöhe zu nennen. Fachleute schätzen das Gesamtvermögen des Vatikans auf bis zu 12 Milliarden Euro. Zinserträge und sonstige Einnahmen könnten somit bei halbwegs günstiger Entwicklung der Finanz- und Immobilienmärkte im dreistelligen Millionenbereich liegen.

Eine wichtige Einnahmequelle ist auch die Vatikanbank IOR. Ähnlich wie die Bundesbank, die einen Teil ihres jährlichen Gewinns an die Bundesregierung überweist, kommt ein Teil des IOR-Überschusses dem Haushalt des Heiligen Stuhls zugute. Im Jahr 2015 waren das 50 Millionen Euro.

Weitere Erlöse erzielt der Vatikan durch den Verkauf seiner Münzen und Briefmarken. Jährlich darf er Münzen mit einem Nennwert von 2,3 Millionen Euro prägen. Davon wird rund ein Drittel an Sammler verkauft. Die Münz-Sets mit einem Nennwert von je 3,88 Euro bietet das vatikanische Amt für Numismatik und Philatelie ihnen für 30 Euro an. Zusammen mit den reinen Sammlermünzen aus Silber und Gold im Wert von insgesamt 879.000 bringen die Sets den größten Erlös. Die restlichen 837.000 Euro werden zum Nennwert als Restgeld in vatikanischen Geschäften ausgegeben. Nicht genauer beziffern lassen sich die Einnahmen aus dem Verkauf von vatikanischen Briefmarken und Sonderstempeln, die bei Sammlern sehr beliebt sind.

Auch die Kunst ernährt den Vatikan

Der Vatikan ist der einzige Staat, zu dessen Haupteinnahmequellen auch eine Kunstsammlung zählt. Die Vatikanischen Museen steuerten nach jüngsten Angaben von 2015 den Löwenanteil zu den Einnahmen des Vatikanstaats bei. Wie viel genau, blieb offen. Aber bei jährlich rund fünf Millionen Besuchern und einem regulären Eintrittspreis von 16 Euro dürfte auch nach Abzug aller Kosten für Personal und Restaurierung Einiges übrig bleiben. Zusätzlich nehmen die Museen noch Geld über die Vergabe von Lizenzen für die Bildnutzung sowie durch die Vermietung von Räumlichkeiten für Firmen-Events ein. Der spektakulärste Fall war wohl die Anmietung der Sixtinischen Kapelle durch den Autohersteller Porsche.

Bild: ©dpa/picture alliance

Die Zentrale der Vatikanbank IOR in unmittelbarer Nähe zum Apostolischen Palast: Die hier erwirtschafteten Überschüsse kommen dem Heiligen Stuhl zugute.

Allein aus eigener Kraft könnte sich der Vatikan in seiner heutigen Gestalt jedoch nicht finanzieren. Er ist nach wie vor auf Spenden aus der Weltkirche angewiesen. Der größte Teil hiervon kommt durch den traditionellen Peterspfennig zusammen. Diese weltweite Kollekte am 29. Juni eines Jahres, dem Fest der Apostel Petrus und Paulus, oder dem vorherigen oder nachfolgenden Sonntag, brachte dem Vatikan 2016 insgesamt 78 Millionen Dollar ein, umgerechnet etwa 63 Millionen Euro. Hiervon wurden 24 Millionen Euro im Auftrag des Papstes für karitative Projekte verwendet.

Großspender sind traditionell die katholische Kirche in Italien, den USA und Deutschland. Aus den Deutschen Bistümern kommt nach Angaben der Bischofskonferenz jährlich eine Summe in "einstelliger Millionenhöhe".

Ohne Finanzspritze der Bistümer geht es nicht

Hinzu kommt der Beitrag, den die Bistümer der Weltkirche über den Peterpfennig hinaus zur finanziellen Unterstützung des Vatikans leisten. 2015 waren dies insgesamt 24 Millionen Euro. Grundlage hierfür ist Kanon 1271 des katholischen Kirchenrechts: "Die Bischöfe sollen aufgrund des Bandes der Einheit und der Liebe gemäß den Möglichkeiten ihrer Diözese zur Besorgung der Mittel beitragen, die der Apostolische Stuhl entsprechend den Zeitverhältnissen braucht, damit er seinen Dienst gegenüber der ganzen Kirche ordnungsgemäß zu leisten vermag", heißt es darin. Wieviel Geld die einzelnen deutschen Bistümer über den Verband der Diözesen Deutschlands an den Vatikan überweisen, geht aus ihren Haushalten in der Regel nicht hervor. Schließlich gibt es noch Einzelspenden katholischer Organisationen und Privatleute.

Wie jeder Staat und jedes Bistum hat der Vatikan auch Ausgaben: Auch wenn hierzu ebenfalls keine Zahlen bekannt sind, liegen die Dinge in diesem Fall einfacher: Den mit Abstand größten Posten machen die Personalkosten für die rund 4.500 Mitarbeiter des Vatikan aus.

Warum der Vatikan bis heute keinen detaillierten Haushalt veröffentlicht, liegt nicht zuletzt daran, dass seine Finanzen sehr viel komplexer sind, als die eines deutschen Bistums. Doch es hat auch einen sehr einfachen Grund: Der große Aufschrei, den es in Deutschland gäbe, wenn ein Bistum so wenig transparent wäre, ist bislang ausgeblieben.

Von Thomas Jansen