Vor 70 Jahren starb der Freiburger Erzbischof Conrad Gröber

"Brauner Conrad" oder katholischer Fels gegen Hitler?

Veröffentlicht am 14.02.2018 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
"Brauner Conrad" oder katholischer Fels gegen Hitler?
Bild: © KNA
NS-Zeit

Freiburg ‐ Am früheren Freiburger Erzbischof Conrad Gröber scheiden sich die Geister: Die einen nennen ihn einen Antisemiten, die anderen unterstreichen seine Kritik am NS-Regime. Heute vor 70 Jahren starb er.

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Die Stuttgarter Staatsgalerie feiert den Renaissancemaler "Meister von Meßkirch" gerade als einen der wichtigsten deutschen Künstler der frühen Neuzeit. Die Erinnerung an einen weiteren berühmten Sohn der badischen Kleinstadt Meßkirch, Erzbischof Conrad Gröber, fällt da deutlich verhaltener aus. Kein Wunder, denn als einer der prominentesten katholischen Kirchenführer in der Zeit des Nationalsozialismus ist der frühere Freiburger Erzbischof bis heute umstritten.

Muss der charismatische Prediger als Antisemit oder als Unterstützer von Untergrundhilfsaktionen für Juden in Erinnerung bleiben? Als Fördermitglied der SS oder als einer der wenigen Kirchenführer, der gegen die systematische Euthanasie-Mordaktion an Behinderten protestierte?

Am 14. Februar jährt sich Gröbers Todestag zum 70. Mal. Gedenkfeiern oder Erinnerungsgottesdienste sind - anders als beispielsweise noch zum 50. Todestag - weder in seiner Bischofs- noch in seiner Heimatstadt geplant. Meßkirch indes bereitet für den Herbst eine Historiker-Tagung über den Bischof vor.

Aberkennung der Ehrenbürgerwürde?

"Gröber einfach aus der öffentlichen Erinnerung zu tilgen und ihm beispielsweise die Meßkircher Ehrenbürgerwürde abzuerkennen, das wäre der falsche Weg. Gerade in der aktuellen, aufgeregten politischen Stimmung sollten wir uns die Zeit für sorgfältiges Abwägen und Beschäftigung mit Uneindeutigem und Grauzonen nehmen", begründet Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick den Anstoß zur Tagung im November.

Gröber stammte aus einer Meßkircher Handwerkerfamilie. Ein verwandter Priester sorgte dafür, dass der talentierte Junge früh den kirchlichen Bildungsweg einschlug. Auf Knabenkonvikt und Gymnasium in Konstanz folgte das Theologiestudium in Freiburg. Schließlich der Wechsel ins renommierte Germanicum-Seminar nach Rom, wo er 1897 zum Priester geweiht wurde und 1898 promovierte. Sprosse für Sprosse kletterte er die geistliche Karriereleiter empor.

Eugenio Pacelli,
Bild: ©KNA

Vor allem durch seine persönlichen Kontakte zum damaligen Nuntius Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., wurde Conrad Gröber 1931 zum Bischof ernannt.

Gröber war Gemeindepfarrer in Ettenheim und Karlsruhe, Münsterpfarrer in Konstanz, dann Domkapitular in der Bistumszentrale Freiburg und einer der ersten Rundfunkprediger. Vor allem dank seiner persönlichen Kontakte zum damaligen Papstbotschafter und späteren Papst Eugenio Pacelli folgte 1931 die Ernennung zum Bischof von Meißen. Schon ein Jahr später wechselte er als Freiburger Erzbischof in den Südwesten. Seine teils zweistündigen Predigten fesselten das Publikum.

Dann der zivilisatorische Bruch von 1933. Doch Gröber hoffte nach Hitlers Machtergreifung auf eine für beide Seiten nützliche Kooperation mit den Nationalsozialisten. Er trat sogar dem Förderverein der SS bei. Historiker wie Wolfgang Proske verweisen darauf, dass er anordnete, kirchliche Gebäude bei "vaterländischen Anlässen" mit der Hakenkreuzfahne zu beflaggen. Umgekehrt seien südbadische Nazigrößen bei den katholischen Prozessionen mitmarschiert.

Fatal lesen sich mehrere antijüdische Äußerungen Gröbers, darunter der Karfreitags-Hirtenbrief 1941. Und noch nach Kriegsende benutzte er im Blick auf die Juden von den Nationalsozialisten geprägte Denkmuster und Sprachbilder.

"Den Jungen müssen wir uns später mal kaufen"

Andererseits unterstützte Gröber die Caritas-Aktivistin Gertrud Luckner bei ihren Rettungsaktionen für zum Christentum konvertierte Juden. Und im Nazi-Hetzblatt "Alemanne" gab es Angriffe gegen den Kirchenmann, der den katholischen Glauben über die NS-Ideologie stellte. Propagandaminister Joseph Goebbels sprach 1940 in seinem Tagebuch von Landesverrat und drohte Gröber: "Den Jungen müssen wir uns später mal kaufen." Und auch Gröbers Proteste gegen das NS-Euthansie-Mordprogramm stießen den Machthabern unangenehm auf. Ein direktes Vorgehen gegen den Kirchenmann wagten sie bis zuletzt nicht. Genauso wenig, wie Gröber zum Widerstand gegen den Verbrecherstaat aufrief.

Ob der 70. Todestag grundsätzlich neue Erkenntnisse über den schon zu Lebzeiten als "braunen Conrad" titulierten Bischof ans Licht bringen wird, ist offen. Auch wenn der Freiburger Diözesanarchivar Christoph Schmider in einem Aufsatz darauf verweist, dass noch eine wissenschaftliche Auswertung eventueller Gröber-Akten in den Vatikan-Archiven aussteht. Auch dieser Frage dürfte die Meßkircher Gröber-Tagung im November nachgehen.

Von Volker Hasenauer (KNA)