Hanke: Ich muss den Menschen Rechenschaft ablegen
Finanzskandal – das ist es, was in diesen Tagen in Zusammenhang mit dem Bistum Eichstätt in den Sinn kommt. Seit Montag tagt die Bischofskonferenz im bayerischen Bistum. Bischof Gregor Maria Hanke ist es ein Anliegen, sich immer wieder bei den Gläubigen in seinem Bistum zu der Veuntreuung zu äußern. Am Rande der Vollversammlung hat er katholisch.de erklärt, warum das so ist und wie die anderen Bischöfe darauf reagieren. Und es gibt noch andere Themen, die ihn als Bischof sehr beschäftigen.
Frage: Herr Bischof, zum ersten Mal tagt die Bischofskonferenz im Bistum Eichstätt. Warum denn ausgerechnet hier in Ingolstadt?
Hanke: Als ich mich für das Bistum Eichstätt als Gastgeber beworben habe, stand natürlich die Frage im Raum: "Wo gibt es einen Ort, der diese große Anzahl an Bischöfen und Mitarbeitern aufnehmen kann?" Unser diözesanes Tagungshaus Schloss Hirschberg war auch eine Alternative, aber es gibt eben noch sehr viele "Hintergrundteilnehmer" bei einer Vollversammlung: die Presse, den Stab des Sekretariats der Bischofskonferenz. Sie alle unterzubringen, wäre in Hirschberg nicht möglich gewesen. Eine Stadt wie Ingolstadt bietet da sehr wohl eine gute Möglichkeit.
Frage: Sie haben am Montag selbst erwähnt, dass die Vollversammlung von einer Aschewolke überschattet wird. Inwiefern beeinflusst der Finanzskandal die Bischofskonferenz?
Hanke: Die Vollversammlung nimmt diesen Finanzskandal sehr sensibel wahr. Ich erfahre auf der einen Seite Solidarität, andererseits auch eine große Bereitschaft, über die damit verbundenen Sachfragen ins Gespräch zu kommen. Ich bin wirklich sehr positiv berührt, wie die Bischofskonferenz damit umgeht. Das ist sehr hilfreich.
Frage: Sie nutzen jede Gelegenheit, das Thema anzusprechen und Stellung zu beziehen. Bei Ihrer Begrüßung zu Beginn der Vollversammlung, im Hirtenbrief zur Fastenzeit. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Hanke: Das ist wichtig, weil die Betroffenheit so groß ist. Die Fassungslosigkeit herrscht nicht nur bei uns, den Leitenden im Ordinariat, bei mir als Bischof. Sie betrifft auch Ehrenamtliche, die Zeit und Kraft für ihre Kirche aufwenden und nicht verstehen, dass so etwas passiert. Ich muss da in den Dialog eintreten. Ich muss den Menschen auch durchaus Rechenschaft ablegen und sie in ihrer Betroffenheit, in ihrem Ärger und Zorn sehr ernst nehmen. Diese Haltung des demütigen Umgangs ist wichtig. Zudem wollen wir viele erreichen. Denn es sind ja nicht alle, die davon betroffen sind, immer in der Kirche, wenn das entsprechende Wort des Bischofs fällt.
Frage: Im Bistum Eichstätt gibt es allerdings auch andere aktuelle Themen wie die Strukturreform. Was hat das Bistum da gemacht?
Hanke: Wir haben eine Neuaufstellung der pastoralen Räume vorgenommen. Sie wurden dort, wo sie zu groß schienen, verkleinert und damit wieder näher an den Menschen herangebracht. Wohlwissend, dass solch eine Neuaufstellung sicher nicht länger als zehn Jahre hält. Die Halbwertszeit ist bei diesen pastoralen Konzepten in einer schnelllebigen Zeit recht kurz.
Frage: Die anderen Bistümer vergrößern ihre pastoralen Räume, in Eichstätt wurden aus 52 Seelsorgeeinheiten nun 74 gemacht. Warum geht das hier?
Hanke: Wir haben einen relativ hohen Mitarbeiterbestand an Priestern und pastoralen Mitarbeitern. Diese Strukturreform lässt sich jetzt noch ermöglichen. Wir wollen durch diese Neuordnung der pastoralen Räume vor allem einen Geist, eine Spiritualität in die Köpfe und Herzen hineintragen und wecken. Der macht es dann vielleicht in einigen Jahren – in größeren Räumen – möglich, überzeugt und überzeugend das Christsein dennoch zu leben.
Frage: Im Bistum gibt es also genug Priester, auf dem Land eine starke Volkskirche. Ist in Bayern die Welt der Kirche insgesamt noch in Ordnung?
Hanke: In Bayern ist die Welt absolut nicht in Ordnung. Viele Phänomene der Volkskirche bröckeln oder sind nur noch Fassade. Aber ich bin der Meinung, dass dort, wo die Volkskirche noch einigermaßen intakt ist, man sie auf keinen Fall kaputt machen soll. Das wäre Unsinn. Wir leben aber auch in einer Zeit der Ungleichzeitigkeit. Ingolstadt ist sicher pastoral eine andere Herausforderung als etwa der ländliche Raum im oberpfälzer Teil oder im fränkischen Diaspora-Gebiet.
Frage: Gerade Ingolstadt hat ja auch einen hohen Anteil an AfD-Wählern. Das ZdK forderte kürzlich, dass die Kirche sich von der AfD abgrenzen muss. Wie stehen Sie dazu?
Hanke: Wir müssen als Bischöfe positiv auftreten. Ich denke, verurteilend den Zeigefinger zu heben, ist nicht unbedingt der Weg. Wir müssen den Menschen Mut machen, die wirklichen Werte unseres Christseins neu zu entdecken. Wir müssen sie dadurch mündig machen, sodass sie nicht irgendwelchen Predigern oder Lockvögeln hinterherlaufen, sondern selbst engagiert ihren Weg aus christlicher Verantwortung finden.