Christoph Strack über deutsche Rüstungsexporte

Waffen für den Krisenherd – ein Irrsinn!

Veröffentlicht am 14.03.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Christoph Strack über deutsche Rüstungsexporte

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Ein düsterer Trend: In den vergangenen fünf Jahren hat der internationale Waffenhandel nach dem jüngsten Bericht des angesehenen Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri um zehn Prozent zugenommen. Und fast jede Großmacht liefert Waffen in die Krisenregionen der Welt.

Einer der globalen politischen Brennpunkte ist auch ein Hotspot der Waffenimporte. Die Staaten des Nahen Ostens verdoppelten zwischen 2013 und 2017 ihre Rüstungseinfuhr. Fast jede dritte Waffe – 32 Prozent – ging in diese Region. Da wundert es irgendwann nicht mehr, wenn Waffen aus ein und demselben Herkunftsland – auch aus Deutschland – im Konflikt auf verfeindeten Seiten gegeneinander schießen. Man verdient am Töten.

Ein Detail des Berichts hat mich besonders erschrocken. Die USA und europäische Staaten sind laut Sipri für mehr als 98 Prozent der Waffenexporte nach Saudi-Arabien verantwortlich. Saudi-Arabien, das ein Meister in der Verletzung von Menschenrechten ist, ein Land, das im Nachbarland Jemen wirklich einen dreckigen Krieg führt. Einen Krieg, der vielleicht nur wegen der schlechten Rahmenbedingungen für mediales Arbeiten in unseren Breiten nicht so auf dem Schirm ist.

Übrigens: Deutschland ist besagtem Fünfjahreszeitraum der weltweit viertgrößte Rüstungsexporteur. Obwohl das Land seine Waffenexporte zwischen 2013 und 2017 um 14 Prozent reduzierte, lieferte das Land im selben Zeitraum doppelt so viele Waffen in den Nahen Osten als zuvor.

Nun ist es wohlfeil, zu meinen, man könne jeden Rüstungsexport stoppen. Da hängen – typisches Argument – Arbeitsplätze dran, außerdem geht es um wirtschaftliche Aspekte und den Nutzen für die eigene Verteidigung. Aber wer in diesem Ausmaß Waffen in den Jemen oder den Nahen Osten schickt, braucht sich nicht zu wundern über immer neue Fluchtursachen. Waffen werden gemeinhin nicht angeschafft, um daraus Pflugscharen zu schmieden… Es ist ein Irrsinn.

Den Kirchen in Deutschland kann man beim Thema Waffenexporte wahrlich nicht vorwerfen, nicht ausreichend deutlich zu mahnen. Einige Überschriften der KNA aus rot-grünen und schwarz-roten Regierungszeiten: "Kirchen fordern zurückhaltende Rüstungsexportpolitik" (1996), "Kirchen: Wirksamere Kontrolle der Rüstungsexporte in Europa" (1998), "Kirchen fordern Zurückhaltung bei Waffenexport" (2000), "Kirchen fordern Mitsprache des Bundestags bei Rüstungsexporten" (2008). Der Bericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) ärgert die Bundesregierung in manchem Jahr. Der Sipri-Bericht zeigt die Notwendigkeit dieser Kritik, aber er zeigt auch, dass die Mahnung zu oft verhallt.

Papst Franziskus hat nicht nur ein oder zwei Mal, sondern nun schon oft davon gesprochen, es vollziehe sich "eine Art Dritter Weltkrieg". In einzelnen Phasen, in verschiedenen Regionen. Dafür hat Franziskus durchaus Kritik eingesteckt. Aber wenn man auf den wirtschaftlichen Boom der Aufrüstung sieht, stützt das sehr den analytischen Blick des Kirchenoberhaupts. Und am "Dritten Weltkrieg" verdienen die reichen Industrieländer allesamt munter mit. Ja, ein Irrsinn.

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist stellvertretender Leiter des Hauptstadtstudios der Deutschen Welle.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.