Zeitgenosse Thomas – der Zweifler als Exempel
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Impuls und Gedicht von Schwester Charis Doepgen
Sein Etikett hat er weg, der "ungläubige" Thomas, der Zweifler und Skeptiker in der Gefolgschaft Jesu. Sein Zweifel hat ihn populär gemacht und zu einem von uns – Thomas, unser Zwilling. Er ist unser wichtigster Mann vor Ort, als die Jünger noch ängstlich hinter verschlossenen Türen geschockt waren. Wer erkennt nicht die eigenen Züge in seinem Bild? Thomas passt wie kein anderer Apostel in unsere Zeit. Für ihn zählt, was er begreifen kann. Er ist nicht leichtgläubig, Worte überzeugen ihn noch nicht. Erst was er selbst geprüft hat gilt. Informationen aus zweiter Hand sind nicht seine Sache – die eigene Hand muss im Spiel sein.
Bevor die Osterbotschaft um die Welt wandert, ist da in Jerusalem eine verängstigte Gruppe hinter verschlossenen Türen. Thomas war zunächst ganz abgetaucht. Der Karfreitag muss ihn verstört haben. Als die Jünger sich wieder sammeln ist er zunächst nicht dabei. So hat er auch den Anhauch des Heiligen Geistes durch den Auferstanden bei seinem ersten Erscheinen im Jüngerkreis verpasst. Die Erfahrungen der anderen wecken in Thomas nur den Skeptiker. Seine Bedingungen für den Glauben sind eindeutig formuliert. Er will handfeste Beweise. "Wenn ich nicht..." Acht Tage vergehen, bis seine Stunde kommt. Immer noch sind die Türen verriegelt. Wieder ist Jesus wie aus dem Nichts in ihrer Mitte mit seinem Friedensgruß. Und – als sei er nur für Thomas gekommen – wendet er sich sofort mit einer Einladung an den Skeptiker. Streck deinen Finger... streck deine Hand aus... Kein Wort darüber, dass Thomas der Aufforderung folgt. Statt dessen ein Bekenntnis wie aus dem theologischen Lehrbuch. Was hat diese Wende bewirkt?
Die vielen wunderbaren Kunstwerke, die diese biblische Szene darstellen, zeigen einen Thomas, der berührt, der sich ausstreckt, dessen Hand von Jesus selbst geführt wird. Die Bilder zeigen, was uns die Bibel verschweigt. Aber diese Berührung zwischen Jesus und Thomas muss stattgefunden haben – nur so entsteht Glaube. Damals wie heute. Auch unser Glaube lebt davon. Jesu Einladung macht aus Thomas, dem Zweifler, Thomas, den Privilegierten. Dennoch muss er einen leichten Tadel hinnehmen, weil er darauf bestand, auch zu sehen. Selig gepriesen wird aber nur ein Glauben, ohne zu sehen. Unsere Not ist auch unser Privileg.
Zeitgenosse Thomas
Den Finger auf die Wunde legen –
das musste einer tun,
nie verstummten Zweifel hegen –
das durfte nicht unterbleiben.
Wo kämen wir sonst vor
in diesem Stück.
Wieder und wieder
führt der Weg zurück
zu ihm, der sein Herz
aufgetan hat wie ein Tor –
einladend für alle, die
nicht sehen und doch glauben.
Evangelium nach Johannes (Joh 20,19-31)
Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.
Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.... Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
Thomas, genannt Didymus – Zwilling –, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.