Tilmann Kleinjung zur Islamdebatte

Abgrenzung statt Integration

Veröffentlicht am 13.04.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Tilmann Kleinjung zur Islamdebatte

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Ein Land, dessen Bürger zum Großteil religiös unmusikalisch sind, soll den christlich-jüdisch-abendländischen Kanon anstimmen. Das kann nur schief klingen: Der Osterhase wird zum zentralen Symbol des christlichen Auferstehungsglaubens. Und dass ein Kindergarten in Oberbayern angeblich das Osterfest ausfallen lässt und stattdessen den irischen Heiligen St. Patrick feiert, wird zum Anlass einer Debatte im Bayerischen Landtag. So skurril und mitunter auch unterhaltsam solche Diskussionen sein mögen, so bedenklich ist deren Signal- und deren Folgewirkung. Es geht nämlich nicht um die an sich wünschenswerte Suche nach der eigenen Identität, nach den eigenen Wurzeln, sondern um ein Ausschlussverfahren: "Wir schon, ihr nicht." Diese Abgrenzungsrhetorik gipfelt in dem Diktum von Horst Seehofer: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." Damit signalisiert man Muslimen, auch denen, die in dritter oder gar vierter Generation hier leben: "Ihr gehört vielleicht zu uns, aber eure Religion doch nicht". Ein solches Menschenbild ist wahrlich nicht christlich-abendländisch.

Was passiert, wenn aus Wahlkampfparolen Politik wird, lässt sich ebenfalls in Bayern beobachten: Hier läuft im Juli 2019 ein Modellversuch für islamischen Religionsunterricht aus. Bayerns neuer Kultusminister Bernd Sibler (CSU) hat nun angekündigt, dass er diesen Modellversuch nicht ausweiten will. Nach dem Motto: Wenn der Islam nicht zu Deutschland gehört, dann braucht es auch keinen Islamunterricht. Bisher war es politischer Konsens, dass islamischer Religionsunterricht als ordentliches Schulfach eine Grundvoraussetzung für gelungene Integration ist. Sibler will prüfen, ob ein verstärkter Ethikunterricht nicht dasselbe leisten kann. Dieser Vorschlag zeigt, zu welch absurden Schlüssen diese Debatte führt. Ein Politiker der CSU, die bei jeder Gelegenheit den konfessionellen Religionsunterricht verteidigt, will dem Fach Ethik den Vorzug geben. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Von Tilmann Kleinjung

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