Kardinal ruft in Saudi-Arabien zu Religionsfreiheit auf
Bei einer Reise nach Saudi-Arabien hat Kurienkardinal Jean-Louis Tauran zu Religionsfreiheit und gleichberechtigtem Miteinander aufgerufen. "Wir sagen nicht, dass alle Religionen gleich sind; aber alle Glaubenden wie Nicht-Glaubenden haben die gleiche Würde", zitiert die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" aus einer Rede Taurans bei einer Begegnung mit der Islamischen Weltliga in Riad. Gleichzeitig verurteilte Tauran, Leiter des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, jegliche Form von religiösem Fundamentalismus und Gewalt.
Tauran hält sich zu einem einwöchigen Besuch in Saudi-Arabien auf. Dort traf er auch mit Vertretern der Regierung zusammen, darunter dem saudischen König Salman. "Religion kann jemandem angeboten werden, so dass er sie annehmen oder ablehnen kann; sie darf aber nie aufgezwungen werden", betonte Tauran. Fundamentalisten und Extremisten gebe es in jeder Religion. Diese betrachteten leider "all jene, die ihre Auffassung nicht teilen als Irrgläubige", die "sich entweder bekehren sollen oder eliminiert werden müssten".
"Kampf der Unwissenheit und Radikalismen"
Dies könne leicht zu religiös motivierter Gewalt und Terrorismus führen, so Tauran. Dabei schadeten diese Extremisten sich selbst und ihrer Religion. Das müssten religiöse Führer immer wieder klarstellen. "Uns bedroht nicht der Kampf der Kulturen, sondern der Kampf der Unwissenheit und Radikalismen", warnte der Kardinal. Um sowohl Islamophobie wie Christenphobie zu begegnen, sei es daher wichtig, sich zu begegnen, miteinander zu sprechen und gemeinsam etwas aufzubauen.
Während seines Besuchs habe der Kardinal auch zahlreiche Christen getroffen, die in dem Land als ausländische Arbeitskräfte leben, und ihnen Mut zugesprochen, schreibt der "Osservatore" weiter. Mit der katholischen Gemeinde in der Hauptstadt Riad feierte Tauran einen Gottesdienst. Nicht-islamische Religionsausübung ist in Saudi-Arabien normalerweise nicht erlaubt.
In seiner Predigt betonte Kardinal Tauran laut Vatican News, dass in einem Kontext wie dem Saudi-Arabiens "Religion und Arbeit sich im Dienste des Menschen und der Wahrheit vereinigen können". Er sei davon überzeugt, "dass Christen und Muslime zusammen leben können", weil sie "zur selben Familie Gottes gehören." Seit Jahrhunderten hätten sie es geschafft, friedlich gemeinsam zu leben. Beide Religionen schätzen "Tugenden wie Ehrlichkeit, die Fähigkeit zuzuhören, den Sinn für Gastfreundschaft".
Saudi-Arabien Schlusslicht bei Religionsfreiheit
Die Reise der Vatikan-Delegation endet am Freitag. Begleitet wird Tauran vom Sekretär des Rates für interreligiösen Dialog, Bischof Miguel Angel Ayuso Gixot, sowie Khaled Akashe, dort zuständig für den Islam.
Der 1964 errichtete Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog koordiniert die Aktivitäten der römischen Kurie im Dialog mit anderen Religionen. Seit 2007 steht ihm der französische Kurienkardinal Jean-Louis Tauran vor. Bis 2003 leitete der erfahrene Vatikandiplomat das Staatssekretariat der Kurie, zuvor war er als Nuntius unter anderem im Libanon eingesetzt.
Saudi-Arabien hat ungefähr 31 Millionen Einwohner, 7 bis 10 Millionen davon sind keine Staatsbürger, sondern Gastarbeiter. Geschätzte 1,5 Millionen Christen leben im Land, die in ihrer Religionsfreiheit stark eingeschränkt sind. Die meisten der christlichen Einwohner, knapp über 1 Million, sind Gastarbeiter von den Philippinen, zumeist Katholiken. Der Islam ist Staatsreligion. Abgesehen von einigen Ausnahmen für Schiiten darf im Land nur der wahabitische Islam ausgeübt werden, heißt es im "Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit". Die Menschenrechtsorganisation Freedom House führt das arabische Land unter den zehn Staaten, in denen Freiheitsrechte weltweit am meisten eingeschränkt sind. Auch die US-Kommission für Religionsfreiheit führt Saudi-Arabien auf seiner Liste der "spezifisch besorgniserregende Länder" (Countries of Particular Concern – CPC), in denen die Religionsfreiheit in "systematischer, fortdauernder, ungeheuerlicher" Weise verletzt wird. (fxn/KNA)