Fake-Bischof-Schöpfer: Alarmsignal für Journalismus
Der Serien-Fälscher Tommaso Debenedetti beklagt mangelnde Recherche und nachlässige Verifizierung von Twitter-Nachrichten durch Journalisten. In einem Interview mit dem "ARD-faktenfinder" erläutert der Italiener, warum er immer wieder gefälschte Todesnachrichten über Fake-Accounts von Prominenten absetzt. Dabei gibt Debenedetti sich auch regelmäßig als Bischof aus. Zu den von ihm dargestellten Bischöfen gehörten unter anderem bekannte Deutsche wie die Kardinäle Rainer Maria Woelki und Reinhard Marx, denen er die Mitteilung über den angeblichen Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in den Mund gelegt hatte.
Es sei erstaunlich einfach, mit gefälschten Nachrichten die Öffentlichkeit zu täuschen, so Debenedetti, der auf Twitter unter dem Namen @tdfakenews firmiert. "Ich hätte das auch nicht gedacht". Schon mit seinen ersten Fälschungen von Ministern der Regierung Mariano Rajoys habe er festgestellt, "dass es unglaublich leicht ist". Das erkläre er sich mit dem Hunger, "schnelle Nachrichten zu bekommen, als erster die News zu haben, vielleicht, weil es eine gewisse Arglosigkeit gibt, die man auch bei manchen wichtigsten Journalisten und Tageszeitungen findet".
Immer dasselbe Vorgehen
Debenedetti beschreibt in dem Interview auch sein Vorgehen: Er legt Accounts im Namen berühmter Persönlichkeiten an, worauf es "sofort unglaublich viele Followers" gäbe. Auf eine fingierte Todesnachricht folgt kurz darauf die Klarstellung, dass es sich um einen Fake-Account handle. Nach katholisch.de-Recherchen verwendet der Fälscher benutzte Accounts anschließend unter neuem Namen weiter; die Follower des vormaligen Accounts werden dabei übernommen und weiterhin angezeigt, so dass der Account glaubwürdiger wirkt.
Unter den Fälschungen sind immer wieder auch deutschsprachige Bischöfe, zuletzt der ernannte Bischof von Hildesheim, der Herz-Jesu-Pater Heiner Wilmer. Einen anderen Fall beschreibt Debenedetti selbst: Er haben einen Account des Salzburger Erzbischofs angelegt: "Darüber habe ich die Fake News über das Ableben von Papst Benedikt XVI., des Papstes emeritus, verbreitet." Diese Nachricht sei jedoch in Österreich und Deutschland nicht aufgegriffen worden, stattdessen allerdings "in Polen über die Webseite eines großen polnischen Fernsehsenders" verbreitet worden.
"In Polen war der arme Benedikt für etwa 20 Minuten für tot erklärt, aber nur in Polen", so Debenedetti, der sich weiter darüber wundert, dass Nachrichten oft nur in einem Land aufgegriffen werden. Der Fälscher stellt die Frage, wie man glauben könne, dass die Nachricht von dem Tod eines emeritierten Papstes, bedeutend wie Benedikt XVI., nicht direkt von der vatikanischen Pressestelle kommt, nicht vom Kardinalstaatsekretär, sondern über Twitter". Debenedetti sieht darin ein "Alarmsignal für den Journalismus".
Wenig Erfolg im deutschsprachigen Raum
Fälschungen deutschsprachiger Bischofs-Accounts wurden in den vergangenen Monaten häufig kurzfristig durch katholisch.de-Recherchen aufgedeckt, so dass im deutschen Sprachraum in letzter Zeit nach Kenntnis von katholisch.de keine Falschmeldungen angeblicher Bischöfe von Medien aufgegriffen wurden. Aufgrund laxer Sicherheitsmaßnahmen von Twitter und einer schleppenden Bearbeitung von Beschwerden sind mit den Accounts @HeinerWilmerSCJ, @KardinalRMarx und @KardMueller jedoch teils seit Monaten Debenedetti-Fälschungen online, die entgegen seiner Behauptung allerdings nur wenige Dutzend, nicht "unglaublich viele Follower" haben.
Ein im Zuge der jüngsten Affäre um das Nobelpreiskomitee angelegtes angebliches Profil der vormaligen Sekretärin der Schwedischen Akademie, Sara Danius, ist allerdings immer noch online und hat über 400 Follower. Debenedetti hatte darüber die Nachricht verbreitet, dass 2018 wohl kein Literaturnobelpreis verliehen würde.
Immer wieder äußern sich Bischöfe und auch der Papst zum Thema "Fake News". Im Januar hatte Franziskus sich in seiner Botschaft zum "Welttag der sozialen Kommunikationsmittel" zum Thema Fake News geäußert. In dem Dokument beklagt er "Missbräuche und "Entstellungen" von Kommunikation und empfiehlt Journalisten als Gegenmittel, sich in der Tugend der Unterscheidung zu üben. Als weitere Maßnahme nennt die Botschaft Initiativen, die Medienkompetenz fördern, sowie "institutionelle und rechtliche Initiativen" zur Eindämmung von Falschmeldungen, ohne allerdings auf konkrete Regulierungen Bezug zu nehmen. Außerdem lobt der Papst Anstrengungen von "Technologie- und Medienunternehmen, mit Hilfe neuer Kriterien nachzuweisen, wer sich hinter den Millionen von digitalen Profilen versteckt".