Zwischen Gemeinschaftsfeier und Privatveranstaltung

Pro und Contra: Taufe im Gemeindegottesdienst?

Veröffentlicht am 19.05.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Sakramente

Bonn ‐ Sollten Taufen immer im Gemeindegottesdienst stattfinden? Ja, sagt katholisch.de-Redakteurin Julia Martin, sie seien keine Privatveranstaltung. Thomas Jansen hält dagegen: Die Taufe sei heute vor allem ein Familienfest.

  • Teilen:

Pro: Eine Taufe ist keine Privatveranstaltung

"Die heilige Taufe ist Grundlage des ganzen christlichen Lebens, (…) wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingefügt und an ihrer Sendung beteiligt." So beschreibt der Katechismus der Katholischen Kirche das Sakrament der Taufe. Und eigentlich könnte dieses Pro an dieser Stelle auch beendet sein. Mit der Taufe werden wir ein Teil der Gemeinschaft. Punkt. Deshalb muss die Taufe Teil eines ganz normalen Gottesdienstes sein.

Denn wo genau findet diese "Eingliederung" statt, wenn die Taufe im kleinsten Kreis und ohne die tatsächliche Gemeinde gefeiert wird? Wie genau sollen denn Fernstehende erreicht werden, wenn wir zulassen, dass sie sich selbst durch diese (vermeintlich) persönliche Art der Taufe ausschließen? Etwas anderes ist das nämlich nicht. Damit einher geht (übrigens wie bei Hochzeiten) eine Selbstverwirklichung der Eltern des Täuflings. Das Wesentliche wird bei Tauftorte und Dekoplanung aus den Augen verloren: Gott.

Und man muss sich ja schließlich auch nach sämtlichen noch so entfernten Verwandten und dem bestmöglichen Wetter richten und alles auf Samstagnachmittag terminieren. Und dann aber bitte die Feier nur als Wortgottesdienst, damit die Gesellschaft möglichst bald an den Kaffeetisch kommt. Gemeinschaft? Ja, aber bitte nur "geladene Gäste".

Doch das ist nicht im Sinne unserer Kirchenväter. Frei nach Cyprian von Karthago: "Extra ecclesiam nulla salus" ("Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil"). Wenn wir es mit der "ecclesia" ernstnehmen, der Gemeinschaft, die durch das Evangelium herausgerufen wird und sich zum Gottesdienst versammelt, gibt es keine Alternative zur Taufe im normalen Gottesdienst.

Um noch einmal den Katechismus zu zitieren: "Die Taufe ist das Sakrament des Glaubens. Der Glaube bedarf der Gemeinschaft der Gläubigen." Faktoren, die sich ausnahmslos gegenseitig bedingen. Ohne Gemeinschaft kein Glaube. Diese sollen, müssen und dürfen doch vor allem die Fernstehenden spüren. Auf diese kann nämlich auch diese Aussage des Katechismus bezogen werden: "Die Taufe bildet die Grundlage der Gemeinschaft aller Christen, auch mit jenen, die noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen." Gerade sie können im gemeinsamen Gottesdienst das erfahren, was den Katholizismus ausmacht – und vielleicht sind sie bald nicht mehr fernstehend.

Von Julia Martin
Player wird geladen ...
Video: © katholisch.de

"Katholisch für Anfänger" erklärt das Sakrament der Taufe und ihre Bedeutung im Glauben.

Contra: Die Taufe ist ein Familienfest

Theologisch, das ist mir schon klar, habe ich bereits verloren, bevor ich den ersten Satz überhaupt geschrieben habe: die Taufe nicht im Rahmen des Gemeindegottesdienstes zu feiern, das geht gar nicht. Doch was ist mit der Realität? Hand aufs Herz: Halten wir hier nicht ein Idealbild von christlicher Gemeinde hoch, das mit der heutigen Wirklichkeit ungefähr so viel zu tun hat, wie die Jerusalemer Urgemeinde? Viele katholische Paare, die ihre Kinder taufen lassen, haben kaum eine Bindung an ihre Gemeinde, weil sie häufig umgezogen sind, und oft absehbar ist, dass sie bald wieder ihren Wohnort wechseln werden. Hinzu kommt, dass sie oft nicht die Gottesdienste ihrer Heimatgemeinde besuchen, sondern dort hingehen, wo ihnen das spirituelle Angebot am meisten zusagt. Warum sollen wir diesen Paaren sagen "Ihr müsst euer Kind im Gemeindegottesdienst taufen lassen"? Auch die Täuflinge werden in vielen Fällen nicht in der Gemeinde aufwachsen, in der sie getauft wurden. Ihre Verwandten und die Freunde ihrer Eltern werden sie hingegen voraussichtlich ein beträchtliches Stück ihres Lebenswegs begleiten.

Ignorieren können wir auch nicht, dass den Eltern von Täuflingen in der Regel die Anwesenheit von Verwandten und Freunden mehr bedeutet, als die anderer Gemeindemitglieder. Die Taufe ist längst zum Familienfest geworden. Die Eltern wünschen sich eine persönliche Ansprache und eine individuelle Gestaltung des Gottesdienstes, die sich in der Gemeindemesse zumeist nicht verwirklichen lässt. Sie wollen den Termin der Taufe möglichst so legen, dass alle Verwandten und Freunde kommen können. Das mag man als bedenkliche Verbürgerlichung des Christentums abtun, ändern kann man es aber in absehbarer Zeit nicht.

Schließlich, auch das darf man nicht außer Acht lassen, ist ein Gemeindegottesdienst einfach oft zu lang für Säuglinge und kleine Kinder. Gewiss, Kindergeschrei gehört zu jeder ordentlichen Taufe dazu. Aber man muss es ja nicht noch zusätzlich herausfordern.

Freuen wir uns also über jedes Paar, das sich zur Taufe seiner Kinder entscheidet, und überlassen es den Eltern, in welchem Rahmen sie die Taufe feiern wollen.

Von Thomas Jansen