Missbrauch: Erzbischof hat pädophilen Priester gedeckt
Wegen der Vertuschung von Missbrauchsvorwürfen gegen einen anderen Geistlichen ist der australische Erzbischof Philip Wilson am Dienstag schuldig gesprochen worden. Dem 67-Jährigen drohen nun bis zu zwei Jahre Gefängnis. Das Strafmaß wird erst später verkündet. Ein Gericht in Newcastle kam zu der Überzeugung, dass der heutige Erzbischof von Adelaide in den 1970er Jahren verhinderte, dass ein pädophiler Priester zur Rechenschaft gezogen werden konnte.
Der betreffende Priester war 2004 wegen Missbrauchs eines Jungen zu einer Haftstrafe verurteilt worden und starb 2006 im Gefängnis. Insgesamt soll er sich an mindestens vier Jungen vergangen haben.
Erzbischof Wilson hatte unter Eid ausgesagt, dass er niemals von zwei ehemaligen Messdienern über sexuellen Missbrauch durch einen Priester informiert worden sei. Die fragliche Aussage eines der Messdiener sei in ihren Einzelheiten so "grausam", dass er sie sicher nicht vergessen hätte. Er bezweifle daher, dass ein Gespräch jemals stattgefunden habe. Das Gericht schenkte ihm aber keinen Glauben. Darüber hinaus soll Wilson damals einen der missbrauchten Messdiener angewiesen haben, als Sühne für seine "Lügen" zehn Ave Maria zu beten.
Tränen der Erleichterung im Gerichtssaal
"Erzbischof Wilson hat während des gesamten langen juristischen Verfahrens seine Unschuld beteuert", erklärte der Vorsitzende der Australischen Bischofskonferenz, Erzbischof Mark Coleridge, nach der Urteilsverkündung. "Es ist noch unklar, ob er gegen das Urteil Einspruch einlegen wird."
Das Urteil von Richter Robert Stone wurde laut Medienberichten vom Publikum im voll besetzten Gerichtssaal mit Tränen der Erleichterung aufgenommen worden. Ein Missbrauchsopfer sprach von einem "der wichtigsten Tage für das Strafrecht in der Geschichte Australiens". Das Urteil mache "den Weg für die Gerichte zur Strafverfolgung weiterer Menschen frei, die sich um den Ruf ihrer Institution gesorgt und die Kinder buchstäblich den Wölfen überlassen habe"», erklärte Peter Gogarty.
Wegen Missbrauchsvorwürfen muss sich demnächst auch der australische Kurienkardinal George Pell in seiner Heimat vor Gericht verantworten. Sein Amt als Finanzchef des Vatikans lässt der 76-Jährige deshalb ruhen. Eine großangelegte Untersuchung hatte vergangenes Jahr ergeben, dass Zehntausende Kinder in Australien sexuell missbraucht wurden, vor allem in kirchlichen Einrichtungen. Australiens Kirche hat die Opfer von sexuellem Missbrauch durch Geistliche Ende vergangenen Jahres offiziell um Entschuldigung gebeten. (bod/KNA/dpa)