Nigerias Bischöfe kritisieren Tatenlosigkeit der Regierung

Nach Priestermorden: Die Wut ist überall spürbar

Veröffentlicht am 23.05.2018 um 11:35 Uhr – Lesedauer: 
Nigeria

Gwer ‐ Der Tod zweier Priester und anderer Gläubiger entsetzt viele Menschen in Nigeria. Das Morden gehe dennoch weiter, kritisiert die katholische Kirche im Land und fordert mehr Schutz von der Regierung.

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Egal, mit wem man während der Trauerfeier am Dienstag für die Priester Joseph Gor und Felix Tyolaha sowie 17 weitere Todesopfer spricht: Die Wut ist überall spürbar. Tausende Menschen teilen sie und haben mitunter eine stundenlange Anreise auf sich genommen, um am Beisetzungsgottesdienst im Landkreis Gwer im Bundesstaat Benue teilzunehmen. Auch Caroline Tondo ist unter den rund 10.000 Besuchern. "Man muss sich das einmal vorstellen: Sie sind in der Kirche ermordet worden. Sie feierten gerade Messe", sagt sie. Dabei zittert ihre Stimme leicht, so erbost ist sie – auch noch vier Wochen nach den Taten.

Geschehen sind die Morde am 24. April in Mbalom, einem Dorf in Benue. Bewaffnete hatten am Morgen die Sankt-Ignatius-Kirche gestürmt und um sich geschossen. Anschließend wurden rund 60 Gebäude niedergebrannt. Noch Mitte Mai warten Gemeindemitglieder und Familienangehörige auf Ermittlungsergebnisse. Anfangs hieß es, die Morde seien Teil lokaler Ausschreitungen, die als Konflikt zwischen Farmern und dem Hirtenvolk der Fulani bekannt sind. Das hat in den vergangenen Wochen jedoch nur noch mehr Menschen erzürnt. Während der zahlreichen Ansprachen heißt es immer wieder, dass die Priester keine Farmer waren und es sich in diesem Fall sicherlich nicht um Streitigkeiten um Land gehandelt habe.

Deutliche Worte von Kardinal Onaiyekan

Besonders deutliche Worte findet Kardinal John Onaiyekan, Erzbischof von Abuja, in seiner Predigt. "Wenn wir nicht einmal mehr an den Orten, an denen wir beten, sicher sind, wo sollen wir dann noch sicher sein", kritisiert er die Regierung und betont, dass es seit dem Vorfall in Mbalom zahlreiche weitere gegeben habe. Gouverneur Samuel Ortom nennt etwas später die Zahl von knapp 500 Toten, die seit Jahresbeginn allein in Benue Opfer des Konflikts geworden seien. Die hohe Zahl macht viele Kirchenvertreter wütend, auch den Kardinal: "Wir haben jedes Recht, auf jene wütend zu sein, die für die Taten verantwortlich sind, aber auch auf jene, die die Mörder unterstützen. Wir haben auch jedes Recht, gegen jene zu protestieren, deren Aufgabe es ist, uns zu schützen.

Kardinal John Olorunfemi Onaiyekan.
Bild: ©KNA

"Wenn wir nicht einmal mehr an den Orten, an denen wir beten, sicher sind, wo sollen wir dann noch sicher sein", kritisierte Kardinal John Onaiyekan.

Tatsächlich hat die Kirche am Dienstag überall im Land für Schlagzeilen gesorgt. In vielen Gemeinden sowie Provinzhauptstädten kam es zu Gottesdiensten und Protestmärschen. Schon die Ankündigung dieser Aktionen in der vergangenen Woche hat Druck auf die Regierung ausgeübt. Wohl deshalb ist am Dienstag auch Vizepräsident Yemi Osinbajo unter den Teilnehmern. Seine Ansprache ist kurz: "Wir wollen und müssen die sinnlosen Morde stoppen", sagt er. Applaus erntet er dafür nicht.

Kirchenvertreter fordern Präsident Buhari zum Rücktritt auf

Denn über die Lage im Land hatten Vertreter der Bischofskonferenz schon im Februar mit Präsident Muhammadu Buhari gesprochen. Damals listete eine Delegation eine ganze Reihe von Problemen auf, die er angehen müsse. Dazu gehörte auch der Konflikt mit den Viehhirten. Auch diese stünden, so hieß es anschließend, unter Druck. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass zahlreiche Menschen sterben.

Noch deutlicher wurden sie nur zwei Tage nach dem Mehrfachmord. Sie forderten Buhari zum Rücktritt auf. Er habe versagt, die Menschen zu schützen. Es ist ein Gefühl, dass auch während der Beisetzung zahlreiche Gäste teilen. "Er ist nicht nur der Präsident einer bestimmten Gruppe, sondern Präsident für 200 Millionen Nigerianer", kritisiert der Bischof von Makurdi, Wilfred Chikpa Anagbe. Gleichzeitig fordert er endlich eine Aufklärung der Vorfälle. Stets ist von bewaffneten Viehhirten die Rede, die der ethnischen Gruppe der Fulani angehören. "Aber ein einfacher Viehhirte kann sich sicherlich keine Waffe kaufen. Wir wollen wissen, der dahinter steckt", so der Bischof.

Von Katrin Gänsler (KNA)