Große Mehrheit für Lockerung von Abtreibungsverbot
In einer Volksabstimmung haben sich die Iren überraschend klar mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit dafür ausgesprochen, ihre seit Jahrzehnten geltenden Abtreibungsregeln zu lockern. Nach Auszählung aller 40 Wahlkreise in dem katholisch geprägten Land votierten 66,4 Prozent für die notwendige Verfassungsänderung und nur 33,6 Prozent dagegen. Ministerpräsident Leo Varadkar begrüßte am Samstag das eindeutige Ergebnis. Er sprach von "einer stillen Revolution", die sich in den vergangenen 10 bis 20 Jahren in Irland Bahn gebrochen habe.
Regierung kündigt neues Abtreibungsgesetz an
Abgestimmt wurde über die Streichung eines Verfassungszusatzes von 1983, der Schwangerschaftsabbrüche bislang faktisch unmöglich macht. Wer dagegen verstößt, kann mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Selbst nach einer Vergewaltigung, Inzest oder bei einem kranken Fötus ist in Irland ein Schwangerschaftsabbruch bisher untersagt. Tausende irischer Frauen reisen deshalb jährlich nach Großbritannien und in andere Länder, um Abtreibungen vornehmen zu lassen.
Die Regierung kündigte nach dem Referendum an, bis Ende des Jahres ein neues Abtreibungsgesetz verabschieden zu wollen, wonach Schwangerschaftsabbrüche künftig bis zur zwölften Woche legal seien sollen. Danach sollen Abtreibungen nur aus medizinischen Gründen erlaubt sein. Das Referendum hatte bereits am Freitag stattgefunden, ausgezählt wurde am Samstag. Im Vorfeld hatte es eine erbitterte Debatte gegeben. Doch nur in einem der 40 Wahlbezirke, Donegal, votierte eine Mehrheit für den Erhalt des Status quo.
"Tragödie historischen Ausmaßes"
In der Innenstadt von Dublin versammelten sich am Samstagnachmittag Tausende Menschen, um das Ergebnis zu feiern; vielerorts wurde getanzt und gesungen. Regierungschef Varadkar sagte dem TV-Sender RTE, die Bürger hätten deutlich gemacht, "dass sie eine moderne Verfassung für ein modernes Land wollen". Die Abstimmung zeige überdies, dass die Menschen in Irland den betroffenen Frauen trauen und sie in ihrer Entscheidungsfreiheit respektieren.
Die Gegner einer Gesetzeslockerung bedauerten den Ausgang des Referendums. Als eine "Tragödie historischen Ausmaßes" bezeichnete die Gruppe mit dem Namen "Save the 8th" das Ergebnis des Referendums. "Unrecht wird nicht deshalb zu Recht, nur weil eine Mehrheit es unterstützt", teilte die Gruppe mit. Man werde jegliche Gesetze ablehnen, die zuließen, "dass Babys in unserem Land getötet werden". (stz/dpa/KNA)