Martin Rothweiler über das Abtreibungsvotum in Irland

Abstimmung über Leben und Tod

Veröffentlicht am 28.05.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Martin Rothweiler über das Abtreibungsvotum in Irland

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Irland hat abgestimmt über Leben und Tod. Verloren haben die vom Tod bedrohten Kinder, deren Leben im Mutterleib künftig auch ohne irgendeinen Grund bis zum Ende des dritten Monats beendet werden kann. Und es werden Tausende sein. Unschuldig, allein gelassen, wehrlos. Der irische Premierminister Leo Varadkar kommentierte die ersten Prognosen: "Es sieht so aus, als würden wir Geschichte schreiben." Eine traurige Geschichte. Trauerbeflaggung statt Jubelruf ist angesagt.

In der Medienlandschaft wird dieses überraschend deutliche Votum der Iren indes weitgehend als ein Sieg der Freiheit gefeiert. Bei der Berichterstattung über die Volksabstimmung in Irland wurde nahezu einmütig von einem  der "strengsten" Abtreibungsverbote in der Europäischen Union gesprochen. Das klingt latent unsympathisch und man spürt subkutan den Drang, sich von so etwas endlich befreien zu wollen.

Man hätte – aus der Sicht des Kindes – aber auch konstatieren können, dass Irland das Land in Europa ist, dessen Gesetz das Leben eines Kindes im Mutterleib am besten schützt. Wer würde sich mit einer solchen sachlichen Beschreibung der Gesetzeslage nicht identifizieren können? Und wer würde dafür nicht eintreten wollen, dass das Leben eines Kindes vor einem tödlichen Übergriff optimal geschützt werden sollte? Aber vom Kind ist erst gar nicht die Rede. Man kann unschwer erkennen: Die Wortwahl prägt das Bewusstsein und auch das Gewissen. Ob ich von der Tötung eines Kindes spreche oder von Abtreibung macht da einen Unterschied.

Reden wir in unserer Gesellschaft nicht ständig davon, dass man den Menschen an der Peripherie, am Rande der Gesellschaft helfen soll, dass man gerade jenen, die keine Stimme haben, eine Stimme geben und den Wehrlosen und Schwächsten Schutz und Hilfe gewähren soll? Warum machen wir da ausgerechnet bei den Wehrlosesten, den Kindern, die ganz am Anfang ihres Lebens stehen, das ganze Leben noch vor sich und niemandem etwas zu Leide getan haben, eine Ausnahme und nehmen sie von unserer Solidarität aus?

Schon die Wortwahl kann zu einem Bewusstseinswandel führen – für das Leben. Sie kann auch zur Erkenntnis führen, dass eine Gesellschaft alles dafür tun muss, Frauen alle erdenkliche Hilfe zukommen zu lassen, sich für das Leben des Kindes entscheiden zu können, bisweilen gerade auch gegen den Druck von außen – nicht zuletzt von den Vätern –, sich das Kind doch "wegmachen" zu lassen. Dass es schwere Konfliktsituationen und Lebensumstände gibt, die es einer Frau schwer machen, ja subjektiv nahezu unmöglich erscheinen lassen, Ja zum Kind zu sagen, ist unbestritten. Gott sei Dank gibt es Pro-Life-Organisationen, die einen unschätzbaren Dienst tun und mit offenen Armen und mitfühlendem Verständnis die Mütter mit Rat und Tat begleiten und ihnen Mut machen: Mut zum Ja für das Kind, zum Wohl des Kindes und zu ihrem eigenen Wohl.

Von Martin Rothweiler

Der Autor

Martin Rothweiler ist der Programmverantwortliche des katholischen Fernsehsenders EWTN Deutschland.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.