Kirchliches Arbeitsrecht immer wieder vor Europäischem Gerichtshof

Kirche präzisiert Anforderungen an Mitarbeiter

Veröffentlicht am 31.05.2018 um 13:56 Uhr – Lesedauer: 
Arbeitsrecht

Berlin ‐ Immer wieder landen Fälle, in denen das kirchliche Arbeitsrecht eine Rolle spielt, vor dem Europäischen Gerichtshof. Ein Grund für die Kirchen, die Anforderungen an die Mitarbeiter klarer zu fassen.

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Nach den jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) klären die Deutsche Bischofskonferenz und der Deutsche Caritasverband die jeweiligen besonderen Anforderungen an Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen. Zu erwarten sei zwar "kein Masterplan", aber stabile Richtlinien, sagte der Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Ansgar Hense, am Mittwochabend in der Berliner Katholischen Akademie.

In Deutschland haben die beiden großen Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände rund 1,3 Millionen Beschäftigte. Sie dürfen ihren Mitarbeitenden dienstrechtlich bestimmte Auflagen machen, wenn diese religiös begründet sind. Der EuGH befasste sich in den vergangenen Monaten in zwei Fällen mit dem kirchlichen Arbeitsrecht in Deutschland.

EuGH: Religionszugehörigkeit nicht für jede Stelle erforderlich

So ging es in einem Fall um eine konfessionslose Bewerberin für einen Arbeitsplatz beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung. Die Stelle war an die Bedingung geknüpft, einer Kirche anzugehören. Unter Verweis auf das Antidiskriminierungsgesetz klagte die Bewerberin auf Schadensersatz. In dem Fall urteilte der EuGH im April, dass kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stellenausschreibung eine bestimmte Religionszugehörigkeit fordern dürften. Die Konfession müsse für die jeweilige Tätigkeit "objektiv geboten" sein. Für Gerichte müsse überprüfbar sein, ob eine Konfessionsbindung im Einzelfall verhältnismäßig sei. Die Gerichte dürften jedoch nicht über das zugrunde liegende Ethos als solches einer Organisation befinden.

Linktipp: Kirchen und Gewerkschaft begrüßen EuGH-Urteil

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Künftig haben weltliche Gerichte mehr Einfluss auf das kirchliche Arbeitsrecht. So reagieren die katholische und die evangelische Kirche darauf. (Artikel vom April 2018)

In einem weiteren Fall veröffentlichte der EuGH-Generalanwalt Melchior Watelet an diesem Donnerstag seine Schlussanträge. Es geht um den früheren Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf, dem nach einer Scheidung und standesamtlichen Wiederheirat gekündigt wurde. Nach katholischem Eherecht ist eine solche Wiederheirat nicht erlaubt.

Katholisches Büro Berlin: Kirchliches Dienstrecht "keine willkürliche Festsetzung"

Nach Auffassung des Generalanwalts war die Kündigung jedoch nicht rechtens. Ihr stehe das EU-rechtliche Verbot der Diskriminierung wegen Religion entgegen. Die Anforderung, dass ein katholischer Chefarzt den "heiligen und unauflöslichen Charakter" der Ehe nach dem Verständnis seiner Kirche beachte, stelle keine "echte berufliche Anforderung" dar, heißt es in den Schlussanträgen zur Begründung. Sie sind richtungsweisend, jedoch nicht bindend für die Richter. Das Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet.

In der Katholischen Akademie betonte die Arbeitsrechts-Expertin im Katholischen Büro Berlin, Uta Losem, das kirchliche Dienstrecht sei "keine willkürliche Festsetzung". Es diene dazu, das christliche Profil der Einrichtungen zu sichern. Dies sei nicht allein durch ein Leitbild möglich, so die Juristin in der Verbindungsstelle der Bischofskonferenz zur Bundespolitik. Der Berliner Staatsrechtler Matthias Ruffert räumte ein, dass die Grundlagen des deutschen Staatskirchenrechts unter EU-Richtern zu wenig bekannt seien. So wüssten sie oft nicht, dass die Kirche das karitative Engagement als Grundaufgabe verstehe. (KNA)