Das Kreuz mit dem Fisch
Neben "Lisa on Tour" und "Max an Bord" ist der Fisch sicherlich einer der beliebtesten Aufkleber auf deutschen Heckklappen. Mal dezent in Silber, mal regenbogenfarben sagen die beiden gekrümmten Linien, die sich links berühren und rechts überschneiden, etwas Wichtiges über die Fahrer aus: Hier sind Christen unterwegs. Was aber steckt hinter dem Fischsymbol, woher kommt es und was bedeutet es?
Ein wichtiges Taufsymbol
Aber warum gerade der Fisch? Zugrunde liegt die Erzählung vom wunderbaren Fischfang im Lukasevangelium, bei dem Jesus den Fischer Simon Petrus zu seinem Apostel beruft und ihm sagt, dass er ab jetzt Menschenfischer sein wird. "Der Fisch gehört neben Wasser und Taube zu den wichtigsten Symbolen der Taufe", erklärt Rose. Bereits in den ersten christlichen Jahrhunderten habe man die Aussage vom "Menschenfang" so gedeutet, dass getaufte Christen "Fischlein" seien, die sich an Jesus Christus orientieren und aus dieser Beziehung leben.
Eine Besonderheit des Wortes "Fisch" fördert diese Interpretation. Denn aus den Buchstaben der griechischen Übersetzung "ICHTHYS" lässt sich ein einfaches Glaubensbekenntnis ableiten:
"Der Fisch wird in vielen Kulturen und Religionen verehrt, insbesondere auch als Talisman. Da er im Wasser lebt, gilt er als Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit", erklärt Heidi Rose, Theologin und Autorin des Buches "Christliche Symbole" . Auch im Christentum gehört der Fisch zu einem der ältesten Symbole und geht auf die ersten Jahrhunderte nach Christus zurück.
Dahinter liegt die spannende Geschichte des Urchristentums, als die Gläubigen Hinrichtungen fürchteten und im Untergrund lebten: "Allgemein wird angenommen, dass die Christen, die in dieser Zeit wegen ihres Glaubens an Jesus Christus verfolgt wurden, ihn als Geheimzeichen verwendeten, um sich einander als Gläubige zu erkennen zu geben", sagt Rose. "Dazu zeichnete jemand eine gekrümmte Linie auf den Boden, die andere Person gab sich durch die Ergänzung des Gegenbogens als Mitchristin oder Mitchrist zu erkennen."
Das heißt so viel wie: Ich glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und Erlöser der Welt.
Nun gibt es im Christentum noch viele weitere Symbole, wie etwa den (guten) Hirten, das (Oster-)Lamm und die Osterkerze, aber auch die griechischen Schriftzeichen XP (Chi-Rho) oder A und Ω (Alpha und Omega). "Das wohl wichtigste Christus-Symbol ist jedoch das Kreuz und gleichzeitig das bedeutendste Erkennungszeichen der Christen", macht Rose klar. Der Fisch als Symbol für Jesus Christus sei aus theologisch-kirchlicher Sicht dagegen eher nachrangig.
Beliebter als das Kreuz?
Das Kreuz weist unmittelbar auf den zentralen Glaubensinhalt des Evangeliums hin: das Heil durch Tod und Auferstehung Jesu Christi. "Wie kein anderes Zeichen begegnet es uns in kirchlichen und öffentlichen Räumen", so Rose. Und zumindest als Schmuck ist es ein beliebtes Symbol. Während sich jedoch der gesellschaftliche Diskurs über Kreuze in Schulen immer wieder neu entfacht und mancher sie gerne völlig aus der Öffentlichkeit verbannen würde, erfreut sich der Fisch zunehmender Beliebtheit.
Und das, obwohl er jahrhundertelang keine Rolle spielte. Erst in den 1970er Jahren entdeckten es evangelikale Christen als pfiffiges Logo und begannen, ihre Autos mit dem Fischsymbol zu kennzeichnen. "Diese Bewegungen orientieren ihr Leben ganz eng am Evangelium Jesu Christi und treten offen dafür ein", erklärt Rose. Ist der Fisch denn eher ein evangelisches Symbol? "Das Fisch-Symbol weist wegen seiner Verankerung im Neuen Testament eng auf die Frohe Botschaft hin." Deshalb und auch, weil es aus dem Urchristentum stammt, als es noch keine Konfessionen gab, sei es ein Zeichen für alle Christen.
Die wachsende Präsenz in der Öffentlichkeit scheine dafür zu sprechen, dass es Menschen augenscheinlich leichter falle, sich mit dem Fisch-Symbol öffentlich als Christ zu bekennen als mit dem Kreuz, so die Theologin. Diese Praxis sei positiv, da sie das Christentum auf neue Weise in den öffentlichen Fokus rücke. "Im besten Fall weckt das Zeichen so viel Aufmerksamkeit, dass Menschen darüber über den christlichen Glauben ins Gespräch kommen – und das ist ganz sicher im Sinne Jesu."
Die Erzählung vom wunderbaren Fischfang (Lukas 5,1-11)
Jesus war in den Ortschaften um den See Genezareth unterwegs, um dem Volk das Wort Gottes zu verkünden. Nach einem erfolglosen Fischzug wuschen dort einige Fischer ihre Netze, darunter auch Simon Petrus. Jesus forderte diesen auf, noch einmal die Netze auf dem See auszuwerfen. Simon und seine Gefährten folgten der Aufforderung und wurden mit einem außerordentlich reichen Fang belohnt. Die Erzählung gipfelt in dem Wort, mit dem Jesus Petrus zu seinem Apostel beruft: "Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen". (Nacherzählt von Heidi Rose)