Ein Vermittler und Brückenbauer
Er war einer der ersten Ostdeutschen, die nach der Wiedervereinigung in der katholischen Kirche eine gesamtdeutsche Aufgabe übernahmen. Von 1991 bis 2003 war Prälat Hellmut Puschmann Präsident des Deutschen Caritasverbandes, des bundesweit größten nichtstaatlichen Arbeitgebers mit mehr als einer halben Million hauptamtlichen Beschäftigten. Heute wird er 80 Jahre alt.
Geboren wurde Puschmann am 22. Juli 1938 in Dresden. Als Sechsjähriger überlebte er im Februar 1945 die Bombardierung seiner Heimatstadt, bei der nach Schätzungen von Historikern bis zu 25.000 Menschen starben. Nach dem Abitur studierte Puschmann von 1957 bis 1962 Katholische Theologie in Erfurt, danach besuchte er das Pastoralseminar in Neuzelle. Am 28. Juni 1964 empfing er in Bautzen die Priesterweihe, die anschließende Zeit als Kaplan verbrachte er in Karl-Marx-Stadt – dem heutigen Chemnitz – und in Leipzig. Schon in dieser Zeit engagierte er sich sozial.
Sein 1968 für die Caritas engagiert
1968 begann Puschmanns vielfältiges Engagement für die Caritas – zunächst als Mitglied im Meißener Diözesancaritasrat, dann als Mitarbeiter in der Zentralstelle Berlin des Caritasverbandes, wo er auch mit Mitarbeitern aus der Bundesrepublik zusammenkam. 1973 holte ihn der Meißener Bischof Gerhard Schaffran dann als Caritasdirektor zurück nach Dresden – ein Amt, das er knapp zehn Jahre innehatte.
1982 ernannte die Berliner Bischofskonferenz Puschmann nach seiner Wahl durch die Caritasdirektoren zum Vorsitzenden der Direktorenkonferenz in der DDR und zugleich zum Leiter der Zentralstelle Berlin des Verbandes. Damit oblag ihm neben Koordinierungsaufgaben auch der Kontakt zwischen den Caritasstellen in beiden Teilen Deutschlands. Hinzu kamen zur gleichen Zeit die Geschäftsführung des bischöflichen Werkes "Not in der Welt" sowie die Verantwortung für das Sonderbauprogramm der katholischen Kirche in der DDR.
Auf seinem neuen Posten in Berlin kam Puschmann noch enger mit der Politik in Berührung. Bauvorhaben für soziale Einrichtungen waren ebenso ein Problem wie das Schicksal der Menschen, die die DDR verlassen wollten. Zusammen mit einem Berliner Anwalt gelang es Puschmann, vielen dieser Menschen zu helfen. "Es war eine Gratwanderung, die uns nicht immer gefallen hat", so der Prälat rückblickend. "Uns ging es um die Menschen, die verzweifelt waren." Eine wichtige Aufgabe der Zentralstelle war zudem die Aus- und Weiterbildung für den kirchlichen Nachwuchs in den sozialen Einrichtungen.
Als Puschmann nach der Wiedervereinigung schließlich zum Präsidenten des Caritasverbandes aufstieg, wurde das auch als Zeichen für den wiedervereinigten Wohlfahrtsverband und das geeinte Deutschland gewertet. An der Spitze des Verbandes setzte sich Puschmann unter anderem für den Aufbau der verbandlichen Caritas in den ostdeutschen Bundesländern, den Auf- und Ausbau sozialer Einrichtungen sowie die Etablierung von Studien- und Ausbildungsgängen für soziale Berufe ein. Darüber hinaus war er Motor bei der Diskussion um ein Caritas-Leitbild. "Wir wollten uns vor allem als Anwalt für Menschen verstehen, die keine Lobby haben. Für Arbeitslose, Arme, Alte, Kranke", lautete sein damaliges Credo.
"Die Arbeit der Caritas macht die Liebe Gottes erfahrbar"
Diese "Option für die Armen" war und ist für Puschmann unverrückbar. Mit seinen Forderungen nach einer gerechteren Sozial- und Familienpolitik eckte er oft an – unter Bundeskanzler Helmut Kohl ebenso wie unter dessen Nachfolger Gerhard Schröder. Bei seiner Wiederwahl als Caritaspräsident bedauerte Puschmann eine sozialpolitische Entwicklung, die mehr und mehr zu Lasten derer gehe, die ohnehin am Rande lebten. Umso wichtiger sei der Einsatz der Caritas: "Wir sind als Caritas Kirche, und die Menschen erleben in unserem Tun die Kirche insgesamt als glaubwürdig und offen für die Nöte der Menschen"
Nach dieser Maxime handelte Puschmann, der als Vermittler und Brückenbauer gilt, auch nach seinem Abschied als Caritaspräsident. So übernahm er ab 2003 für zehn Jahre den Vorsitz des Caritasverbands für das Bistum Dresden-Meißen. Bis 2017 gehörte er zudem der sächsischen Härtefallkommission für Flüchtlinge und andere ausreisepflichtige Ausländer an. Bis heute hält er Gottesdienste für die Mitarbeiter der Caritas und steht – wenn er gefragt wird – mit Rat zur Seite. Geblieben ist über all die Jahre seine Liebe zur Caritas und zu den Menschen, die ihm begegnet sind, denen er manchmal helfen konnte und die ihn nicht vergessen haben. "Die Arbeit der Caritas macht die Liebe Gottes erfahrbar", hat Puschmann einmal gesagt. Davon ist er noch heute überzeugt.