Mertes: Kirche muss "Anstößigkeit" des Kreuzes erklären
Der Jesuitenpater Klaus Mertes hat die Kirche dazu aufgefordert, die Bedeutung des Kreuzes für den christlichen Glauben neu zu vermitteln. Es müsse stärker erklärt werden, was das Kreuz "so anstößig" mache, schreibt Mertes in der aktuellen Ausgabe der Kulturzeitschrift "Stimmen der Zeit". "Warum wäre das Christentum nicht das, was es ist, wenn Jesus statt am Kreuz nach einem erfüllten Leben als alter Mann im Bett gestorben wäre?", fügt er hinzu.
Gegenwärtig werde das Kreuz entweder "in Talkshows verharmlosend als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Konfession diskutiert, so Mertes. "Oder es wird kulturkämpferisch instrumentalisiert, am sinnenfälligsten wenn es schwarz-rot-gold angestrichen wird, um das Abendland gegen die 'Islamisierung' zu verteidigen." Aber in keinem der beiden Fälle werde die Kreuzigung Jesu als der "Skandal" begriffen, für den ein christlicher Missionar wie Paulus noch ein Gespür gehabt habe.
Sogar klar ablehnende Äußerungen gegenüber dem Kreuz könnten für die öffentliche Diskussion "hilfreich" sein, betont der Jesuit. "Sie fordern gerade Christen im guten Sinne des Wortes heraus, das Kreuz ernst zu nehmen - oder wenigstens zu überprüfen, ob das Gespür für den Skandal des Kreuzes bei ihnen wirklich noch da ist." Dieses Gespür sei ein "Schlüssel für gelingende missionarische Kommunikation in der Welt".
Mertes hatte 2010 als damaliger Leiter der Berliner Jesuitenschule Canisius-Kolleg öffentlich gemacht, dass Schüler durch Geistliche sexuell missbraucht worden waren. Damit wurde der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche und weiteren Einrichtungen wie Schulen und Sportvereinen bekannt. (KNA)