Warum der Rosenkranz gerade etwas für die heutige Zeit ist

Ein Gebet für Aussteiger

Veröffentlicht am 01.10.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Frauenhände mit Rosenkranz
Bild: © KNA
Glaube

Bonn ‐ Wer einmal nach Rom fährt, der kann in den Läden rund um den Petersdom unzählige Rosenkränze finden und kaufen. Aus Holz oder aus Kunststoff, feingliedrig aus Draht oder aus einer Kordel geknüpft, solche, die im Dunkeln leuchten, und solche, die man sich an die Wand hängen kann. Man kann sie sogar beutelweise kaufen, 30 oder 50 auf einmal, aus echtem Olivenholz, handgefertigt.

  • Teilen:

Aber wer braucht schon so viele Rosenkränze, wo das Rosenkranzgebet an und für sich gerade nicht sehr modern zu sein scheint? Sicher gibt es in manchen Gegenden noch den Sterberosenkranz am Vorabend einer Beerdigung, und in vielen Gemeinden wird in den Marienmonaten Mai und Oktober der Rosenkranz gemeinsam gebetet. Aber übervoll sind die Kirchen da meist nicht.

Darstellung der heiligen Maria.
Bild: ©Fotolia.com/kung_4444

Darstellung der heiligen Maria.

Und so könnte dieses besondere Gebet nach und nach in Vergessenheit geraten. Dabei ist es eigentlich ein Gebet, dass gut in unsere Zeit passt. Denn wer den Rosenkranz betet, kann aus dem hektischen Getriebe aussteigen und das immer da, wo man gerade ist. Dazu ist das Gebet entlang der Perlen geradezu ideal, weil es weniger darum geht, jedes "Gegrüßet seist du, Maria" voll konzentriert zu beten. Vielmehr ist der Sinn der Wiederholungen, in einen Zustand des Gebets zu kommen. Die vielen Wiederholungen tragen dann dazu bei, dass man nicht mehr über jedes einzelne Wort nachdenken muss. Sie bilden den Raum, in dem etwas geschehen kann.

Privater Gebetsraum

Wer also eine kleine Auszeit aus dem Alltag braucht, der kann sich anhand eines Rosenkranzes einen eigenen Gebetsraum schaffen. Die Perlen helfen dabei, indem sie wie eine Art Geländer sind. Sie geben den Fingern Halt und Beschäftigung und lassen so das Gebet auch zu einer leibhaften Erfahrung werden. Die immer gleichen Worte, die man vor sich hinbetet sind gleichsam wie eine dünne Zelthaut, die man über das Geländer spannt. Man ist nicht völlig raus aus der Welt und kann durch den dünnen Stoff noch fast alles wahrnehmen, was um einen herum geschieht, aber man hat doch seinen eigenen privaten Raum. Und wie bei einem Zelt, so kann man auch diesen Gebetsraum überall da errichten, wo man gerade ist - ob in der Bahn oder im Büro, im Park oder in der Küche.

In diesem Raum ist dann Platz geschaffen für das eigentliche Gebet oder das eigentliche Geheimnis. Die Kirche bietet dazu insgesamt 25 Geheimnisse in fünf Rosenkränzen an, die in dem Raum betrachtet werden können. Sie alle befassen sich mit Ereignissen aus dem Leben Jesu und wollen helfen, sich Jesus aus der Sicht Mariens zu nähern.

Es spricht aber nichts dagegen, anstatt der bereits bestehenden Geheimnisse eigene Erfahrungen und Gedanken zu Jesus in den Raum zu stellen. Auf diese Weise wird der Rosenkranz noch persönlicher, so kann der Gebetsraum ganz individuell gestaltet werden.

Echte Wohltat

Dann kann es eine echte Wohltat sein, wenn man sich für einen ganzen Rosenkranz oder auch nur für ein Gesätz zurückzieht aus dem, was gerade anstrengend ist und es sozusagen mit Maria vor Gott bringt. So ein Gebet kann aber auch helfen, die Wartezeit bis zum nächsten Meeting zu überbrücken oder die Zeit im Stau zu verkürzen. Anstatt währenddessen mit dem Smartphone durch die Weiten des Internets zu surfen und dabei immer hektischer zu werden, kann es helfen, sich ganz unauffällig zu sammeln und wieder zu sich zu kommen. Und natürlich gibt es auch verschiedene Apps, die einen beim Errichten des Gebetszeltes helfen können.

In diesem Sinn ist das Rosenkranzgebet ein modernes Gebet, das immer und überall möglich ist, das leicht mitzunehmen ist, das man alleine oder in Gemeinschaft beten kann. Man kann immer gerade so viel beten, wie gerade möglich ist, sei es ein Gesätz oder all fünf. Und es kann eine Verbindung schaffen, weil wahrscheinlich irgendwo auf dieser Welt immer irgendwer den Rosenkranz betet. So ist man nie allein mit seinem Gebet. Warum also nicht einmal einen Rosenkranz einstecken oder eine App herunterladen und diese Art des Gebets ausprobieren - immer da, wo man gerade ist und Zeit hat.

Von Kerstin-Marie Berretz

Zur Person

Die Autorin Sr. Kerstin-Marie Berretz OP ist Theologin und Arenberger Dominikanerin. Sie lebt im Konvent in Oberhausen.