Sorge über Rassismus und Gewalt gegen Einwanderer

Kirche warnt vor "Wild-West-Verhältnissen" in Italien

Veröffentlicht am 31.07.2018 um 10:15 Uhr – Lesedauer: 
Rassismus

Rom ‐ Bewohner der Stadt Aprilia verfolgen ein verdächtiges Fahrzeug, schlagen einen der Insassen. Der 43-jährige Marokkaner stirbt. Die Kirche übt daraufhin scharfe Kritik: an Gewalt, Selbstjustiz und Rassismus.

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Nach dem Tod eines Marokkaners in Aprilia hat sich die katholische Kirche besorgt über wachsenden Rassismus und Gewalt gegen Einwanderer in Italien geäußert. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Rom sprach in einer Erklärung am Montag von einer "Eskalation". Bischof Marcello Semeraro, zu dessen Bistum die Stadt Aprilia südlich von Rom gehört, warnte vor Wild-West-Verhältnissen. Die Nachrichten von Übergriffen seien eine "Alarmglocke, die auch die Politik nicht überhören kann".

In der Nacht zum Sonntag hatten Anwohner in Aprilia ein verdächtiges Fahrzeug verfolgt, in dem sie Einbrecher vermuteten. Nachdem der Wagen verunglückte, schlugen laut Medienberichten die Verfolger auf einen der beiden Insassen ein, einen 43-jährigen Marokkaner; die andere Person entkam. Beim Eintreffen der Polizei war der Marokkaner den Berichten zufolge tot.

Laut der Zeitung "Corriere della Sera" (Online Montagnachmittag) legen Aufzeichnungen von Überwachungskameras nahe, dass der Marokkaner nur einen einzigen Fausthieb erhielt. Die Todesursache werde derzeit durch eine Obduktion geklärt. Einer der beiden Verfolger habe sich bei der Befragung durch Ermittler erschüttert gezeigt und beteuert, sie hätten lediglich der Polizei helfen wollen.

Bischof Semeraro verurteilte den Vorgang. Keine Form von Selbstjustiz sei zu rechtfertigen, hieß es in einer Erklärung. Nötig seien Vertrauen in die Justiz, Arbeit für die Werte des sozialen Zusammenlebens und die Ablehnung jeglichen Hasses.

Salvini: Rassismus-Alarm ist Erfindung der Linken

Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini hatte zuvor am Samstag gesagt, der "Rassismus-Alarm" sei "eine Erfindung der Linken". Einzig alarmierend sei, dass rund ein Drittel der Straftaten von Immigranten begangen werde. Die Italiener seien "wohlmeinende Menschen, aber ihre Geduld ist bald zu Ende", so Salvini.

Der Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Rom, Camillo Ripamonti, rief Politiker zur Mäßigung auf, damit sie nicht zu Hass aufstachelten und Gewalt legitimierten. Man dürfe die Situation "nicht unterschätzen", sagte Ripamonti am Montag. Seine Fachstelle verwies darauf, binnen weniger als zwei Monaten seien zwölf Immigranten verletzt worden, darunter ein zweijähriges Mädchen und eine Schwangere.

Für Schlagzeilen sorgte am Wochenende der Übergriff auf einen aus dem Senegal stammenden Kellner in Sizilien. Besucher eines Cafes in Partinico bei Palermo hatten den Mann laut Medienberichten als "dreckigen Neger" beschimpft und geschlagen. Palermos Erzbischof Michele Pennisi verurteilte den Vorfall als rassistischen und fremdenfeindlichen Akt. (KNA)