Von Farben, Papstgesichtern und einem Schaf
Was hat ein knuffiges Comicschaf mit katholischen Familien zu tun? Zumindest werden beide zum Weltfamilientreffen in Dublin Ende August erwartet; die Einen als Teilnehmer, das Andere als Maskottchen. Éirinn, das Galway-Schaf, heißt die kuschelweiche Kreatur. Sie soll wahlweise mit Malerpalette, Gebetbuch oder einfach nur einem kecken Grinsen vor allem den Kindern das irische Glaubensevent schmackhaft machen soll. Das mag pädagogisch ein Gewinn sein, ist dies aber in erster Linie auf ästhetischer Ebene.
Denn dort war es bei der Kirche in der jüngeren Vergangenheit nicht immer gut bestellt. Was ein ordentliches Großevent sein will, braucht ein entsprechendes Corporate Design. Das weiß zwar auch die katholische Kirche, die mit ästhetischer Perfektion zumal jahrhundertelange Erfahrung hat. Bei der grafischen Begleitung der Auslandsreisen ihres Oberhaupts merkt man davon jedoch leider nicht viel: Die Logos dieser ansonsten präzise durchgeplanten Auswärtstermine wirken regelmäßig uninspiriert bis abschreckend.
Franziskus als beliebter Logobestandteil
Schäfchen Éirinn ist ein Lichtblick in der überraschend eintönigen Logolandschaft. Drei Dutzend Länder außerhalb Italiens hat Franziskus seit seinem Amtsantritt besucht, ganze 32 Mal wurde die Reise mit einem Logo bedacht. Häufiger als jedes andere Symbol – vom unabdingbaren Kreuz einmal abgesehen – zierte dabei Franziskus selbst die Reisegrafik. Es scheint, als solle das päpstliche Konterfei als grafischer Beweis der tatsächlichen Anwesenheit seines Trägers dienen: Vom kunstvoll-reduzierten Profil in Mexiko über einen schreitenden Comic-Franz in Kolumbien bis hin zu winkenden Fotografien in Ägypten, Myanmar, Peru und der Zentralafrikanischen Republik. Zwar aus dem Rahmen aber dennoch nicht als künstlerischer Meilenstein fällt das Logo der USA-Reise von 2015 auf, das stilisiert einen winkenden Franziskus in Rückansicht vor urbaner Skyline zeigt.
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Ebenfalls einiger Beliebtheit erfreut sich die Friedenstaube, selbst wenn das Reisemotto nur entfernt mit dem Streben nach Gewaltlosigkeit zu tun hat. Von Bosnien und Herzegowina bis Bangladesh schmückte ihr weißes Gefieder neunmal die Grafiken. Auf dem knallbunten Kreuzlogo zum Kurzbesuch des Papstes in Schweden anlässlich des Reformationsgedenkens im Herbst 2016 war das Tier, das auch als Sinnbild des Heiligen Geistes gilt, gleich dreimal abgebildet. Während die Täubchen in diesem Fall durchaus passend erscheinen, stellt man sich bei den an anderer Stelle flatternden Vögeln die Frage: Wäre weniger nicht doch mehr gewesen?
Bunter Eklektizismus
Diese Frage stellt sich im Zeitalter des minimalistischen "Flat Design" besonders bei der idealerweise zurückhaltenden Farbauswahl der Logos. Der großen Mehrheit der Gastgeberländer schien es dabei ein Anliegen gewesen zu sein, die eigenen Landesfarben mehr oder weniger prominent unterzubringen. Recht elegant hatten dies etwa die Organisatoren des pontifikalen Tagestrips nach Sarajevo im Jahr 2015 gelöst. Das charakteristische gelbe Dreieck aus der Landesflagge bildete dort mit je einem blauen und einem roten Winkel ein Kreuz. Auch Bangladesch wollte im Jahr 2017 die eigenen Flaggenfarben im Logo verewigt wissen. Bei nur zwei Tönen, Grün und Rot, ein lösbares Problem, möchte man meinen. Der unbekannte Designer mischte allerdings noch Blau, verschiedene Gelbtöne und eine fragwürdige Symbolik – ein goldenes Kreuz wächst aus einer rosafarbenen Lotosblüte, dem Symbol asiatischer Religionen – hinzu und brachte das ganze in Taubenform. "Harmony and Peace" sollte das eklektizistisch anmutende Signum vermitteln.
Fragen wirft auch das Logo der Sri-Lanka-Reise von 2015 auf. Es zeigt eine päpstliche Mitra umgeben von Landesfarben – so weit, so gut. Auch das vor der Bischofsmütze stehende Kreuz ist einleuchtend. Jedoch nicht unbedingt der malbuchhafte Priester, der grinsend und in Selfiepose auf das Kreuz deutet. Ästhetisch ansprechend, jedoch auch mit einiger Interpretationsarbeit für den Betrachter verbunden, ist das Logo vom 6. Asiatischen Jugendtag 2014. Schnell ersichtlich greift es die Farben und Symbole der Landesflagge Südkoreas auf. Was es jedoch tatsächlich darstellen soll – wohl eine Flamme über Wellen – und was dies mit dem katholischen Jugendevent zu tun hat, bleibt ungeklärt.
Für zartbesaitete Jugendliche denkbar ungeeignet ist hingegen die Wort-Bild-Marke des Papstbesuchs in Albanien. Sie zeigt ein Strichmännchen, das ein Kreuz und das Motto der Reise auf seinen Händen trägt. Warum es dazu in einer Blutlache stehen muss, darf man sich jedoch fragen. Der rote Fleck zu Füßen des Männchens soll wohl ein Hinweis auf die kriegerische Vergangenheit des Landes sein, ist jedoch in erster Linie sehr irritierend. Wundern darf man sich schließlich auch über das kolossal einfallslose Signum zum jüngsten Besuch des Papstes beim Weltkirchenrat in Genf. Das althergebrachte Logo des Ökumenegremiums – ein Schifflein auf dem See – wurde um massig Text und eine schnöde Wellenlinie ergänzt.
Aus der langen Reihe eher mittelmäßiger Designs ragt Éirinn deutlich hervor. Sie ist ein fraglos nicht nur deutlich kreativerer, sondern vor allem professioneller gestalteter Ansatz. Kreiert hat sie mit Mårten Jönmark schließlich auch ein international bekannter und preisgekrönter Comickünstler. Und obwohl das Maskottchen nur als kindgerechte Ergänzung zum traditionell-bieder gehaltenen ebenfalls vorhanden Weltfamilientreffen-Logo gedacht ist, setzt es Maßstäbe in Sachen Corporate Design päpstlicher Auslandsreisen.
Das Schaf als Sinnbild des Papstberufs
Denn Éirinn überzeugt nicht nur mit drolliger Haartolle und Kulleraugen, sondern vor allem mit ebenso reicher wie einsichtiger Symbolik. Das gilt einerseits für den klug gewählten Namen, der in deutscher Übersetzung schlicht "Irland" bedeutet. Vor allem ist das Schaf als solches das vielleicht urchristlichste aller Tiere; schließlich spielte es schon am Geburtstag Jesu eine prominente Nebenrolle. Den Papst verweisen die flauschigen Vierbeiner zudem auf seine beruflichen Pflichten: "Weide meine Lämmer", sagte Jesus dem Petrus als er ihm die Kirche anvertraute. Kaum einer hat das so intensiv verinnerlicht wie der aktuelle Apostelnachfolger Franziskus. Doch leider wird selbst das augenscheinlich vielbegabte Maskottchen ein ganz zentrales Anliegen des Pontifex nicht erfüllen können. Schließlich ist auch Éirinn nur ein gezeichnetes Logo. Den Geruch der Schafe muss man sich selbst dazu denken.