Kardinal DiNardo sieht "unschuldige Männer beschmutzt"
In der Affäre um den wegen Missbrauchs beschuldigten Ex-Kardinal Theodore McCarrick drängt die US-Bischofskonferenz (USCCB) den Vatikan zu einer umfassenden Aufklärung. Die jüngsten Vertuschungsvorwürfe des früheren Apostolischen Nuntius Carlo Maria Vigano gegen hochrangige Kirchenvertreter bis hin zu Papst Franziskus verlangten schlüssige Antworten, die auf Beweisen beruhen, erklärte der USCCB-Vorsitzende, Kardinal Daniel DiNardo, am Montag (Ortszeit) in Washington. "Ohne diese Antworten werden unschuldige Männer von den Anklagen beschmutzt und die schuldigen können die Sünden der Vergangenheit wiederholen."
US-Bischöfe an Seite des Papstes
Er hoffe auf eine baldige Audienz bei Papst Franziskus und dessen Zustimmung zu Plänen der US-Bischofskonferenz für ein schärferes Vorgehen gegen Bischöfe, die Missbrauch begangen oder vertuscht haben, so DiNardo. "Ich bin zuversichtlich, dass Papst Franziskus unseren Wunsch nach größerer Effizienz und Transparenz hinsichtlich der Disziplinierung von Bischöfen teilt." Die US-Bischöfe stünden in diesen schwierigen Tagen in brüderlicher Liebe an der Seite des Heiligen Vaters, bekräftigte der Erzbischof von Galveston-Houston. Die Verfehlungen von Menschen könnten das Licht des Evangeliums nicht verdunkeln.
Papst Franziskus wollte die Behauptung seines ehemaligen Botschafters in den USA, schon seit Jahren über den Missbrauchsverdacht gegen Kardinal McCarrick gewusst zu haben, bisher nicht weiter kommentieren. Das Dokument von Erzbischof Carlo Maria Vigano spreche für sich sagte Franziskus am Sonntagabend auf dem Rückflug von einem zweitägigen Irland-Besuch nach Rom. Er werde dazu nichts sagen und vertraue auf die journalistische Kompetenz, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Wörtlich sagte er auf die entsprechende Frage eines Journalisten zu dem Dossier: "Lesen Sie es selbst aufmerksam und bilden Sie sich ein eigenes Urteil."
In dem zuvor veröffentlichten Memorandum hatte Vigano schwere Vorwürfe gegen Papst Franziskus erhoben: Der des Missbrauchs beschuldigte frühere Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick (88) sei bereits 2009 oder 2010 von Papst Benedikt XVI. mit einer Strafe belegt worden, die Franziskus später de facto zurückgenommen habe. Eine Maßregelung McCarricks durch Benedikt XVI. wurde bisher nie öffentlich bekannt. Auch hielt sich McCarrick nicht an solche Auflagen.
Behauptungen über homosexuelle Netzwerke
Das elfseitige Dokument Viganos enthält auch weitgespannte Behauptungen über homosexuelle Netzwerke und Korruption in der Kirchenleitung. In dem Schreiben mit Datum vom 22. August fordert der Erzbischof den Rücktritt von Franziskus, um allen Kardinälen und Bischöfen, die McCarrick gedeckt hätten, "ein gutes Beispiel" zu geben.
Ähnliche Strafmaßnahmen wie die erwähnten gegen den früheren Erzbischof von Washington (2000-2006) sowie zusätzlich die Rücknahme von dessen Kardinalstitel verfügte Franziskus vor einigen Wochen. Zu diesem Zeitpunkt wurden öffentlich Vorwürfe bekannt, McCarrick habe in früheren Jahren zu jungen Seminaristen sexuelle Beziehungen gehabt. Zudem soll der Geistliche Minderjährige missbraucht haben. (KNA)