Theologe Massimo Faggioli zu Viganos Skandalpapier

Theologe: US-Bischöfe haben Angst, auf Straße zu gehen

Veröffentlicht am 29.08.2018 um 16:33 Uhr – Lesedauer: 
Missbrauch

Rom ‐ Die US-Bischöfe stehen nach den Vorwürfen von Erzbischof Carlo Maria Vigano unter Druck. Bei einigen sei er so groß, dass sie eine "para-schismatische Gesinnung" zeigten, sagt der Theologe Massimo Faggioli.

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Eine am Wochenende veröffentlichte Rücktrittsforderung an Papst Franziskus und Reaktionen darauf sind nach Einschätzung eines Theologen auch Ausdruck einer Krise innerhalb bestimmter Kirchenkreise. Einige US-amerikanische Bischöfe stünden durch den Missbrauchsskandal so unter Druck, dass sie Angst hätten, auf der Straße attackiert zu werden, sagte Massimo Faggioli von der katholischen Universität Villanova in Philadelphia der Website "Vatican Insider" (Mittwoch). In dieser Situation schöben sie die Verantwortung auf den Vatikan, "um sich als diejenigen zu präsentieren, die Gerechtigkeit und Wahrheit fordern".

Faggioli sprach von einer "para-schismatischen Gesinnung". Die betreffenden Bischöfe unterstützten die Forderung des früheren vatikanischen Botschafters Erzbischof Carlo Maria Vigano nach einem Amtsverzicht von Franziskus, ohne sich bewusst zu sein, damit auch die Vorgängerpäpste zu treffen. "Der konservativste Rand scheint so verzweifelt, dass er das Risiko eingeht, das Andenken Johannes Pauls II. zu beschädigen und vor allem Benedikt XVI. zu involvieren", so Faggioli.

Unterschiedliche Positionen zu Viganos Papier

In den vergangenen Tagen hatten sich die US-Bischöfe äußert unterschiedlich zum Papier Viganos und damit auch zum Papst positioniert. Kardinal Joseph Tobin, Erzbischof von Newark, erklärte, der Brief enthalte faktische Fehler und Anspielungen. Er habe das Schreiben schockiert und traurig zur Kenntnis genommen, so Tobin laut einem Bericht der Zeitschrift "National Catholic Reporter" (Dienstag).

Bild: ©KNA

Kardinal Blase Joseph Cupich kritisiert seinen Amtsbruder Joseph Strickland, Bischof von Tyler.

Der Chicagoer Kardinal Blase Cupich kritisierte seinen Amtsbruder Joseph Strickland, Bischof von Tyler, der Viganos elfseitiges Memorandum kurz nach dessen Veröffentlichung am Sonntag als "glaubwürdig" bezeichnet hatte. Ihn interessiere, worauf sich eine solche Aussage stütze, zitierte der "National Catholic Reporter" den Kardinal. Gleichwohl riet Cupich den US-Bischöfen, sich für Verfehlungen gegenseitig zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Bischof von Phoenix, Thomas Olmsted, stellte sich dagegen hinter Vigano. Dessen Vorwürfe könne er zwar selbst nicht verifizieren, so der Bischof in einer Mitteilung auf der Internetseite seines Bistums (Montag Ortszeit). Doch Vigano, den er aus seiner Zeit im vatikanischen Staatssekretariat kenne, habe er stets als aufrichtigen und integren Mann erlebt. "Deshalb bitte ich, dass Erzbischof Viganos Zeugnis ernstgenommen und jeder von ihm erhobene Vorwurf gründlich untersucht wird." Wer auch immer sexuellen Missbrauch gedeckt habe, müsse ans Licht kommen.

Vorsitzender der Bischofskonferenz drängt auf rasche Aufklärung

Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo, drängte ebenfalls auf rasche und vollständige Aufklärung der Affäre McCarrick. "Ohne diese Antworten werden unschuldige Männer von den Anklagen beschmutzt und die schuldigen können die Sünden der Vergangenheit wiederholen", erklärte er am Montag (Ortszeit). Er hoffe auf eine baldige Audienz bei Papst Franziskus und dessen Zustimmung zu Plänen der US-Bischofskonferenz für ein schärferes Vorgehen gegen Bischöfe, die Missbrauch begangen oder vertuscht haben, so DiNardo.

Vigano, von 2011 bis 2016 Nuntius in Washington, formulierte seine Rücktrittsforderung in einem Memorandum zur Affäre um den früheren Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick, der Ende Juli von Franziskus unter dem Verdacht des Missbrauchs Minderjähriger aus dem Kardinalsstand entlassen wurde. Vigano schreibt, er habe Franziskus im Juni 2013 auf zurückliegende homosexuelle Aktivitäten des damals schon pensionierten McCarrick hingewiesen. Vigano behauptet in seiner Niederschrift auch, Benedikt XVI. (2005-2013) habe McCarrick 2009 oder 2010 deswegen die öffentliche Ausübung priesterlicher Dienste wie auch öffentliche Auftritte untersagt. (bod/KNA)