Der Darth Vader im Papstgewand
Endlich, die Kirche hat aus ihren Fehlern gelernt. Lange sah es so aus, als könne sie junge, coole Menschen nicht mehr für sich begeistern. Doch Stuhlkreis und "Kumbaya my Lord", mit denen man bisher lediglich den einen oder anderen stimmbrüchigen KjGler aus der greisen Heimatpfarrei in die voll hippe Jugendkirche umquartierte, haben ausgedient. Willkommen im 21. Jahrhundert!
Das verstaubte ZDF-Image der Kirche wird nun für die verwöhnte Netflix-Generation aufpoliert: Sex und Crime, Verschwörungstheorien und Lügen, böse Homonetzwerke und Superheteros. Und sogar einer der mächtigsten Männer der Welt soll in all diese Geschichten verwickelt sein. Gespielt wird er von Jorge Mario Bergoglio. Und das so gut, dass ihn mancher Katholik sogar schon für den echten Papst hält.
Bei dieser Glanzleistung verwundert es daher auch nicht, dass dem Darth Vader im Papstgewand bei seiner ersten Generalaudienz nach dem "V-Day" die Liebeserklärungen seiner Fans nur so entgegenflogen: "Ti amo, ti amo", sangen sie aus tiefster Kehle, so dass sich Howard Carpendale in seinem Altersruhesitz in Florida vor Freude die Löwenmähne schüttelt. Na gut, das waren jetzt "Fake News". Genauso wie die Behauptung einiger Ex-Rom-treuen Visagisten…äh…Viganisten, dass die Katholiken "Vi-ga-no, Vi-ga-no" skandierten. Wem kann man überhaupt noch trauen?
Für mich gibt es da nur einen: den echten Papst – Benedikt XVI. Doch der will dem Memorandum weder widersprechen, noch es bestätigen. Seit seiner Emeritierung schweigt er eisern wie ein Grab. Also meistens, manchmal. Dass er Viganos Bericht seinen Segen gibt, wie dessen bloggende Befürworter behaupten, nannte Erzbischof Georg Gänswein jedenfalls "Fake News". Könnte man das doch nur über die Authentizität des Benedikt-Aufsatzes zum jüdisch-christlichen Dialog sagen…
Weniger Netflix, mehr GZSZ
Nun gut: Aus der Kirche eine Netflix-Serie zu machen, ist eine Möglichkeit, um ein neues Publikum zu erreichen. Eine Nummer kleiner – quasi auf GZSZ-Niveau, aber ohne Bösewicht Joe Gerner – versucht es das Bistum Essen. Und zwar mit einem Ratgeber für eine gastfreundlichere Kirche! Was für eine geniale Idee: Den Gläubigen die Grundsätze des (christlichen) Miteinanders erklären. Ich arbeite jetzt schon an Fortsetzungen: einem Ratgeber für Ärzte, dass sie doch bitte Patienten behandeln sollen; und einem für Feuerwehrleute, dass sie Feuer… Sie wissen schon.
Aber die Tipps im Ratgeber sind Gold wert! Wer hätte denn gedacht, dass man kirchenferne Menschen nicht anspricht, wenn man sich griesgrämig und jammernd über die Reformprozesse in sein Schneckenhaus zurückzieht? Oder dass sich ein Neuling bei seinem ersten Gottesdienstbesuch unwohl fühlt, wenn ihn die Gemeinde beäugt, als liefe er im Roberto-Blanco-Kostüm durch Sachsen?
Was dann nur noch bleibt, um die Herzen der kirchenfernen Interessierten zu gewinnen, ist eine warmherzige Ansage auf dem Anrufbeantworter, die nur so vor christlicher Nächstenliebe strotzt. "Sie rufen außerhalb der Öffnungszeiten des Pfarrbüros an." Ende. Das ist schon ein super Anfang. Profitipp von mir: Wenn Sie wirklich Ihre Ruhe wollen, ergänzen Sie einfach noch: "Sie können mich mal! Ich arbeite die zwei Stunden hier auf 450-Euro-Basis und diese Kirche macht eh bald zu."