Anselm Schotts deutsches Messbuch war eine Brücke zur Liturgiereform

Der Schott vom Schott wird 175

Veröffentlicht am 05.09.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Liturgie

Bonn ‐ Für "die Welt" war der junge Kaplan Friedrich August Schott nicht recht geeignet, sagte sein Pfarrer. Deshalb ging er ins Kloster. Als Anselm Schott wurde er einer der bekanntesten Benediktiner und zum Wegbereiter der Liturgiereform.

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Leise murmelt der Priester die Liturgie. Lateinisch, mit dem Rücken zur Gemeinde liest er die heilige Messe. Das Kirchenvolk lebt in seiner eigenen Andacht, betet den Rosenkranz. Allein das Schellengeläut konzentriert die Aufmerksamkeit der Gemeinde auf das Mysterium der Wandlung: die heilige Messe nach tridentinischem Ritus. Das ist die liturgische Praxis, in die Friedrich August Schott am 5. September 1843 im württembergischen Staufeneck geboren wurde. Der Ordensmann wurde durch das nach ihm benannte Messbuch zum bekanntesten Benediktiner bis zum Konzil. Je mehr die Nazis die Kirche aus der Öffentlichkeit drängten, desto bewusster wurde Gottesdienst gefeiert - eine Hilfe war den Gläubigen "der Schott".

Ein Priester feierte die Heilige Messe im außerordentlichen Ritus.
Bild: ©KNA

Noch heute ist "der Schott" ein treuer Begleiter vieler Kirchgänger, auch bei Messen in der außerordentlichen Form.

Anselm Schott ist in einem konfessionell gemischten Elternhaus aufgewachsen. Um eine höhere Schule besuchen zu können, wuchs der Junge bei der katholischen Verwandtschaft der Mutter auf. Schott entschied sich für das Studium der katholischen Theologie in Tübingen. An der Landesuniversität wehte ein frischer Wind: Hier lehrte der Kirchenhistoriker Karl Joseph von Hefele - später als Bischof auf dem ersten Vatikanischen Konzil einer der profiliertesten Kritiker der päpstlichen Unfehlbarkeit - und der Ökumene-Pionier Johann Adam Möhler.

Schott passt gut ins Kloster, in die Welt fast gar nicht

Schott trat eine erste Stelle in Biberach an. Aber der junge, skrupelhafte Priester war den Anforderungen praktischer Seelsorge nicht gewachsen. Sein sozial rühriger Pfarrer ließ den Bischof wissen, "dass Schott ganz gut ins Kloster passte, in die Welt fast gar nicht." Also wurde Anselm Schott Benediktiner in Beuron. Die junge Gemeinschaft war erst 1863 von Maurus und Placidus Wolter gegründet worden. Die Wolters hatten in Rom und im französischen Kloster Solesmes frische Impulse benediktinischen Geistes erfahren.

Anselm Schott sprach am 6. Juni 1870 die Gelübde, darunter die ordensübliche Ortsbeständigkeit. Doch der Kulturkampf machte Schott zum Wandermönch. Beuron wurde 1875 Opfer von Bismarcks Kirchenpolitik. Das Fürstentum Sigmaringen der katholischen Linie der Hohenzollern hatte seine Eigenständigkeit verloren und gehörte nun zu Preußen. Deshalb traf die Abtei das preußische Maigesetz; es trieb alle Orden, ausgenommen krankenpflegende Kongregationen, aus dem Land.

Die ortsfesten Benediktiner werden Migranten

Die Benediktiner von Beuron wurden Migranten; sie gründeten Töchterklöster im Ausland. Erste Etappe für Anselm Schott war das belgische Maredsous; es folgten die Beuroner Filiationen in Prag, Seckau in der Steiermark und schließlich Maria Laach in der Eifel.

Der Pfingstmontag im vorkonziliaren Schott-Messbuch
Bild: ©katholisch.de

Deutsch und Latein nebeneinander: So wurde der Schott zum Wegbereiter der Gottesdienste in der Volkssprache.

Neben organisatorischen und pastoralen Aufgaben wuchs der gelehrte Benediktiner in das mühevolle Puzzeln wissenschaftlicher Editionsarbeit hinein: abweichende Lesarten mussten geprüft werden, ausgefallene Begriffe oder historischer Hintergrund dem Leser erklärt werden. Begeistert verfolgte Schott die Herausgabe des ersten Volksmessbuchs auf Französisch durch einen Mitbruder.

Das Hochgebet sorgt für Wirbel

Im Juni 1883 konnte Anselm Schott einem Freiburger Verlag eine deutsche Übersetzung der Liturgie von Sonn- und Feiertagen anbieten. Wie ähnliche Werke, die in Frankreich, Belgien und Deutschland bereits erschienen waren, folgte seine Messliturgie dem Kirchenjahr nach Maßgabe des Missale Romanum, des römischen Messbuchs.

Schon 1884 lag "Das Messbuch der hl. Kirche" - der "Urschott" - in seiner ersten Ausgabe vor. Wirbel verursachte das Hochgebet, weil Schott es samt und sonders übersetzt hatte. In der zweiten Auflage begnügte sich der Benediktiner mit einer Umschreibung, um den "Vorschriften der Kirche" zu genügen: Die Gebete des Kanon hätten "nur im Munde des Priesters ihre volle Bedeutung".

Auf dem Weg zur Liturgiereform

Anselm Schott hat den Riesenerfolg seines Andachtsbuches "zum Gebrauche der Laien bei der heiligen Messe" nicht mehr lange erleben können. Er starb am 23. April 1896 in Maria Laach, im Alter von gerade einmal 53 Jahren.

1903 stellte sich Papst Pius X. mit seinem zündenden Leitwort von der "tätigen Teilnahme" an die Spitze der liturgischen Erneuerung. "Der Schott" wurde eine Verständnisbrücke auf dem Weg zur Gemeinschaftsmesse nach der Liturgiereform des Konzils.

Von Anselm Verbeek (KNA)