Martin Hochholzer sieht Gefahr der Urkundenfälschung

Theologe warnt vor "Reichsbürgern" in Pfarrämtern

Veröffentlicht am 07.09.2018 um 09:50 Uhr – Lesedauer: 
Extremismus

Erfurt ‐ Klingelt ein sogenannter "Reichsbürger" beim Pfarramt, ist laut dem Theologen Martin Hochholzer Vorsicht geboten: Mit einer bestimmten Masche versuche die Szene an Informationen für eigene Ausweise zu kommen.

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Vor Besuchen von "Reichsbürgern" in Pfarrämtern warnt Theologe Martin Hochholzer. Es habe bereits Fälle gegeben, in denen "Reichsbürger" dort aufgetaucht seien, um sich Geburtsurkunden abstempeln zu lassen, sagte Hochholzer am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Erfurt. Auf Grundlage der Urkunden versuchten die Sympathisanten der Szene, eigene Ausweise herzustellen.

Laut Verfassungsschutz soll es deutschlandweit schätzungsweise 18.000 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" geben, Tendenz steigend. Rund 950 Personen gelten als rechtsextrem. Es sind zudem auch Waffennarren und Gewaltbereite zu finden. Sie alle eint, dass sie sich der Bundesrepublik beziehungsweise dem staatlichen Handeln aus unterschiedlichen Motiven heraus verweigern.

Hochholzer befasst sich seit längerem mit den "Reichsbürgern". Er ist Referent für Sekten- und Weltanschauungsfragen bei der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral der Bischofskonferenz (KAMP) in Erfurt.

Religiöse Anleihen sind in der Szene selten

Religiöse Anleihen sind laut Hochholzer innerhalb der Szene eher selten. Es existierten einige esoterisch geprägte Kreise. Weiter gebe es eine "Keltisch-Druidische Glaubensgemeinschaft", die allerdings das Religiöse als Vehikel nutze, "um dadurch eine Sonderstellung gegenüber dem Staat geltend zu machen". Vereinzelt knüpften "Reichsbürger" auch an das Christentum an.

Mit ihrem weltumspannenden Netzwerk biete gerade die katholische Kirche darüber hinaus Stoff für allerlei Verschwörungstheorien, "die auch 'Reichsbürger' in ihr Denken einbauen", so Hochholzer.

Der durchschnittliche "Reichsbürger" ist laut dem Theologen männlich, meist über 40, und habe Probleme, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. "Wenn ich den Staat ablehne, ist der Weg zur Selbstverteidigung nicht weit", erläuterte Hochholzer. Die Schießerei im fränkischen Georgensgmünd, bei der vor zwei Jahren ein Polizist ums Leben kam, sei dafür nur ein Beispiel. So gebe es auch Berichte, wonach in Thüringen einzelne "Reichsbürger" dabei seien, eine paramilitärische Einheit zu bilden. (tmg/KNA)