Gloria: Anpassung an Zeitgeist führt zu Missbrauch
Fürstin Gloria von Thurn und Taxis sieht eine Anpassung an den Zeitgeist in der Kirche als eine der Ursachen für sexuellen Missbrauch durch Geistliche. "Seit den 60er-Jahren ist der Zeitgeist in einem stetigen Crescendo auf Selbsterfüllung, Spaß und Konsum getrimmt worden", sagte die Katholikin der "Welt" (Dienstag). Die Kirche sei davon "natürlich auch beeinflusst. Der nachlassende Glaube an die Heilkraft der Sakramente, ein schwindendes Sündenbewusstsein gepaart mit einer fehlenden kirchlichen Strafrechtskultur haben dazu geführt, dass eben auch hier der Verfall von Sitte und Moral Einzug halten konnte."
Auf die Frage nach möglichen Auswegen aus der Krise empfahl die Adelige neue Akzente in der Priesterausbildung: "Wir brauchen sicherlich mehr Gewicht auf die Glaubensinhalte und gelebte Spiritualität und weniger psychologischen Schnickschnack." Die Kirche dürfe sich zudem über weitere Austritte nicht wundern, "wenn Barmherzigkeit sich darin erschöpft, knallhart mit Steuersündern zu sein, jede Häresie (Irrlehre) aber verbreitet und gelehrt werden darf".
Wenn ich Päpstin wäre...
Wenn sie selbst Päpstin wäre, so Thurn und Taxis weiter, würde sie dafür sorgen, dass die geltenden Vorschriften konsequent eingehalten würden, vor allem was die Zulassung zu den Weihen betrifft. Außerdem müsse die vatikanische Glaubenskongregation gestärkt und mit mehr Ermittlungsbefugnissen ausgestattet werden. In Fragen des Missbrauchs dürfe es keine Kompromisse geben, mahnte die Fürstin, um zugleich zu betonen: "Aber Gott sei Dank gibt es keine Päpstin und hat es nie eine gegeben. Das wissen die Historiker. Wir Frauen sind viel radikaler als Männer und im Sinne der Barmherzigkeit ist es gut, den Männern noch diese letzte Domäne zu überlassen."
Die 58-jährige Fürstin äußert sich in den Medien immer wieder zu Glaubensthemen. Zuletzt hatte sie eine Lanze für die Feier des Namenstages gebrochen und erläutert, warum die Himmelfahrt Mariens, ihrer Namenspatronin, außer Frage steht.
Die deutschen Bischöfe wollen eine mit Spannung erwartete bundesweite Missbrauchsstudie in der kommenden Woche bei ihrer Vollversammlung in Fulda vorstellen. Erste Ergebnisse wurden vergangene Woche durch Medienberichte bekannt. Demzufolge gab es zwischen 1946 und 2014 in Deutschland 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 Geistlichen. (tmg/KNA)