Ukraine und orthodoxer Patriarch vereinbaren Zusammenarbeit
Die Ukraine hat einen weiteren Schritt zur kirchlichen Loslösung von Moskau und zur Schaffung einer eigenständigen orthodoxen Kirche gemacht. Präsident Petro Poroschenko und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., vereinbarten am Samstag in Istanbul eine Zusammenarbeit bei der Einrichtung der neuen Kirche. Das Dokument bringt noch keine Gewährung der kirchlichen Selbstständigkeit (Autokephalie) durch Bartholomaios I. Poroschenko sprach trotzdem von einem "historischen Tag", wie die Agentur Interfax meldete.
Bartholomaios I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, sagte bei der Vertragsunterzeichnung nach Angaben des ukrainischen Pressedienstes RISU, die Gewährung der Eigenständigkeit für die ukrainische Kirche werde zur Einheit der orthodoxen Christen in dem osteuropäischen Land beitragen. Die Ukraine habe das Recht auf eine autokephale Kirche wie andere Völker und nur Konstantinopel könne die Autokephalie verleihen. Die Vertragsunterzeichnung nannte das Kirchenoberhaupt dem Bericht zufolge einen "historischen Moment".
Präsident: Einberufung eines Konzils ist nun möglich
Laut Poroschenko schafft das Abkommen alle Voraussetzungen für die Einberufung eines ukrainischen Konzils zur Gründung der eigenständigen Kirche und die anschließende formelle Autokephalie-Erklärung durch das Ökumenische Patriarchat. "Ich möchte betonen, dass der 3. November ein historischer Tag ist für die Bildung einer ukrainischen autokephalen orthodoxen Kirche", so der Präsident. Er rief die Ukrainer zum Gebet "für Frieden und für die Einheit der ukrainischen Kirche" auf. Poroschenko begann am Samstag einen zweitägigen Türkei-Besuch.
Nach Ende der Sowjetunion hatten sich in der Ukraine nationale Kirchen neben der Russisch-Orthodoxen Kirche gebildet. Die Russisch-Orthodoxe Kirche hat jüngst die Beziehungen zum ranghöchsten Kirchenführer Bartholomaios I. abgebrochen, weil dieser eine ukrainische Kirche anerkennen will. Die Ukraine bejubelt dies. Doch damit geht ein tiefer Riss durch die orthodoxe Christenheit. Außerdem droht eine Eskalation im politischen Konflikt zwischen Moskau und Kiew.
Hauptproblem bei der Neugründung ist, dass in der Ex-Sowjetrepublik Ukraine drei orthodoxe Kirchen nebeneinander bestehen. Die moskautreue Kirche ist die größte von ihnen, die beiden anderen sehen sich bereits als Nationalkirchen. Eine Vereinigung dürfte noch sehr lange dauern. Poroschenko treibt die Kirchenfrage voran, weil er auf Wählerstimmen bei der Präsidentenwahl im März 2019 hofft. Kiew wirft der russisch-orthodoxen Kirche vor, ein "politisches Werkzeug" von Putin zu sein und dessen "Hybrid-Krieg gegen die Ukraine" zu unterstützen. (luk/dpa/KNA)