Trotz Datenschutz-Bedenken: Rottenburg-Stuttgart bleibt auf Facebook
Das Bistum Rottenburg-Stuttgart bleibt trotz Bedenken kirchlicher Datenschützer auf Facebook aktiv. In einer Pressemitteilung kündigte die Diözese am Freitag an, der Empfehlung der Konferenz der Diözesandatenschützer nicht zu folgen. Das Gremium hatte am Donnerstag einen Beschluss veröffentlicht, demzufolge kirchlichen Einrichtungen von einer Präsenz bei dem sozialen Netzwerk aufgrund datenschutzrechtlicher Haftungsrisiken abgeraten wurde.
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"Damit würden wir unsere in den vergangenen Jahren mit großem Aufwand aufgebauten Netzwerke zerstören und moderne Kommunikation unmöglich machen", wendet sich der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst gegen die Empfehlung. Außerdem wolle Fürst das Thema Facebook bei der nächsten Sitzung der von ihm geleiteten Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz auf die Tagesordnung setzen.
Soziale Medien seien für das Bistum hinsichtlich der Darstellung seiner Arbeit und des Austauschs mit seinen Mitgliedern und anderen am kirchlichen Leben interessierten Menschen immer wichtiger. Besonders bei der Abbildung von Kindern und Jugendlichen auf Facebook gehe man "sehr vorsichtig" um. Generell beachte man die geltenden Regeln und Richtlinien.
Zustimmung bei den Jugendverbänden
Unterstützung erhält Fürst von den Jugendverbänden in seinem Bistum. In einer Stellungnahme auf Facebook betonte der Diözesanverband des Bundes der deutschen katholischen Jugend, man wolle weiter "Kirche in der Lebenswelt junger Menschen sein, auch in der digitalen". Die deutliche Positionierung von Bischof Fürst helfe in der täglichen Arbeit der Jugendverbände enorm.
Diözesanleiterin Alexandra Guserle berichtet von einer großen Verunsicherung bei Ehrenamtlichen "angesichts fast täglicher Verbotsmeldungen" und fordert von den Verantwortlichen Lösungen statt Verbote. Ihre Kollegin Nadine Maier, die Diözesanjugendseelsorgerin des BDKJs, ergänzt: "Nah bei den Menschen mit ihrer Freude und Hoffnung, Trauer und Angst zu sein, ist unser Auftrag. Wir wollen auch weiterhin mit Gebeten und Impulsen in den sozialen Medien für Jugendliche da sein."
Haftungsrisiken bei Facebook-Fanseiten
Bereits im Juni hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil entschieden, dass sowohl Facebook als auch der Betreiber einer Facebook-Fanseite selbst für die Einhaltung des Datenschutzrechts verantwortlich sind. Staatliche und kirchliche Datenschützer weisen darauf hin, dass von dem Unternehmen immer noch nicht alle Voraussetzungen geschaffen wurden, um eine Facebook-Seite datenschutzkonform zu betreiben. Die Konferenz der Diözesandatenschützer rät daher von der Nutzung von Facebook-Seiten durch kirchliche Institutionen ab.
Immer wieder stößt die Haltung der kirchlichen Datenschutzaufsichten und die Anwendung des Gesetzes über den kirchlichen Datenschutz (KDG) in der Kirche auf Kritik aus Pastoral, Jugendarbeit und Verbänden. Mit "Medienbischof" Fürst äußerte sich nun der erste Bischof Kritik an einem Beschluss der Diözesandatenschützer. Das Gesetz über den kirchlichen Datenschutz ist seit dem 24. Mai in Kraft. Mit dem von den Bischöfen erlassenen Gesetz regelt die katholische Kirche den Datenschutz in ihrem Bereich. Religionsgemeinschaften dürfen eigene Datenschutzgesetze anwenden, sofern sie im Einklang mit der seit dem 25. Mai 2018 geltenden europäischen Datenschutzgrundverordnung stehen.
Dabei sind sie verpflichtet, unabhängige Datenschutzaufsichtsbehörden einzurichten. Dazu wurden in Deutschland fünf Behörden eingerichtet, die von einem Diözesandatenschutzbeauftragten geleitet werden und jeweils für mehrere Bistümer zuständig sind. Die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten berät gemeinsame Themen und spricht Empfehlungen aus. Beschlüsse der Konferenz sind nicht unmittelbar bindend, machen aber den Prüfmaßstab transparent, nach dem die Datenschutzaufsichten handeln. (fxn)
17. 11. 2018: Ergänzt um Stellungnahme des BDKJ Rottenburg-Stuttgart.