Angst vor Bürokratie und Bußgeldern

Wegen Datenschutz: Gemeinde stoppt Wunschzettel-Tradition

Veröffentlicht am 17.11.2018 um 12:51 Uhr – Lesedauer: 

Roth ‐ Die Stadtverwaltung in Roth hat eine beliebte Wunschzettel-Tradition auf dem Weihnachtsmarkt in der fränkischen Gemeinde wegen Bedenken beim Datenschutz abgeschafft. Jetzt ist die Enttäuschung vor allem bei den Kindern in Roth groß.

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Jahrelang haben Kinder auf einem Weihnachtsmarkt in Roth ihre Wunschzettel an einen Christbaum gehängt. Doch damit ist nun Schluss: Laut einem Bericht der Zeitung "Die Welt" (Samstag) hat die fränkische Stadt die Wunschzettel-Tradition, bei der jedes Jahr bis zu 4.000 Kinder ihre Weihnachtswünsche abgegeben hatten, aus Angst vor der im Mai in Kraft getretenen Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) abgeschafft.

Verordnung verlangt ausdrückliche Einwilligung zur Weitergabe von Daten

Das Problem: Bisher schrieben die Kinder ihre Wünsche zusammen mit ihrem Namen und ihrer Adresse auf die Wunschzettel; diese wurden dann an "Wunscherfüller" weitergeleitet. Laut DSGVO müssten aber jetzt die Eltern die ausdrückliche Einwilligung geben, dass die Daten der Kinder weitergegeben werden dürfen. Diesen bürokratischen Aufwand sowie die Gefahr, bei einem nicht ausreichenden Schutz der Daten mit Bußgeldern oder Schadenersatzforderungen konfrontiert zu werden, habe die Stadt vermeiden wollen, so die Zeitung. Deshalb habe die Gemeinde nach Rücksprache mit dem Datenschutzbeauftragten der Stadtverwaltung das Aus für die Wunschzettel-Tradition beschlossen.

"Die DSGVO ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte", sagte Melanie Hanker von der Rother Stadtverwaltung. Schon 2017 sei die Wunschzettel-Aktion ausgesetzt worden, weil die DSGVO damals bereits ihre Schatten vorausgeworfen habe. "Wir haben auch andere tolle Aktionen auf unserem Weihnachtsmarkt, aber die mit den Wunschzetteln machte ihn auch ein Stück weit aus", so Hanker. Nach ihren Angaben arbeitet die Stadt jetzt an einer anderen Lösung, um Kinder und "Wunscherfüller" zu verbinden.

DSGVO verhindert beliebte Termine

Unter anderem hatten die "Wunscherfüller" in den vergangenen Jahren nach Angaben Hankers für die Kinder Treffen mit dem Rother Bürgermeister oder eine Besichtigung der Feuerwache organisiert. Beide Aktionen seien bei den Kindern sehr beliebt gewesen; ohne die Wunschzettel-Aktion müssten diese Termine in diesem Jahr jedoch ausfallen.

Die DSGVO gilt seit 25. Mai in der gesamten Europäischen Union. Die Verordnung soll einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Umgang mit Daten in Europa schaffen. Sie nimmt diejenigen, die Daten von Kunden oder Nutzern erheben, stärker in die Pflicht. Unter anderem heißt es in der Verordnung mit Blick auf Minderjährige: "Haben Kinder das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, müssen Eltern der Datenverarbeitung zustimmen." (stz)