Herbei, o ihr Bäcker, Geflüchteten und Elefanten!
Schon in den Katakomben der frühen Christen in Rom gab es gemalte Darstellungen der Geburt Jesu. Gemeinhin gilt aber der heilige Franziskus als Begründer der Krippentradition. Er lud am Heiligen Abend 1223 die Bewohner des Dorfes Greccio ein, die Geburt Jesu nachzustellen. Dabei gab es sogar einen lebendigen Ochsen und Esel. Die Jesuiten verbreiteten im 16. Jahrhundert kleine geschnitzte oder getöpferte Darstellungen der Weihnachtsgeschichte in ganz Europa. Sie brachten sie in die Kirchen und etwas später auch in die Wohnhäuser der Gläubigen. Heute haben viele Haushalte eigene Krippen mit Figuren aus Ton, Holz oder Gips.
Trotz eigener Krippen unter'm Tannenbaum, hat ein Volkssport weiter Konjunktur: Krippengucken oder Krippenschauen. Dabei geht man von Kirche zu Kirche, sieht sich die Krippen dort an und entzündet vielleicht noch eine Kerze. Die Krippen in den erz- oder bischöflichen Kathedralen sind dabei häufig die Highlights. Sie sind nicht nur größer als die handelsübliche Hauskrippe, sie beherbergen zum Teil auch ganz außergewöhnliche Figuren.
Augsburg:
Auf den ersten Blick ein ganz gewöhnliches Ensemble: Maria kniet vor dem Jesuskind in der Krippe, Josef steht an ihrer Seite. Die Heiligen Drei Könige bringen Weihrauch, Gold und Myrrhe. Doch die Figuren im Augsburger Dom sind etwas ganz Besonderes: Diese Krippendarstellung ist eine der ältesten, wenn nicht sogar die älteste in Deutschland. Der Bildhauer Paulus Mair hat sie um das Jahr 1580 geschaffen. Seit gut 200 Jahren steht sie in der Nische im Chorumgang des Domes.
Letztes Jahr wurde die Krippe zum ersten Mal seit 1949 wieder restauriert. Dabei machten die Restauratoren eine Entdeckung: Unter dem schlichten grauen Farbanstrich der Nische verbarg sich die ursprüngliche Krippenbemalung. Sie zeigt die Landschaft Palästinas unter einem leuchtend blauen Himmel.
Rottenburg:
Während im Nachbarbistum Augsburg die wohl ältesten Figuren stehen, beherbergt der Rottenburger Dom eine der jüngsten Domkrippen Deutschlands. Sie wurde ab 2010 erbaut, die Figuren sind trotzdem traditionell gestaltet. Doch auch hier kann man eine Besonderheit entdecken: einer der Hirten liest die Rottenburger Lokalzeitung, das Schwäbische Tagblatt. Die Zeitung titelt mit der Schlagzeile: "Heute wird Christus in Rottenburg geboren." Gott werde, laut dem Tagblatt, immer dann und da Mensch, wo Menschen menschlich handelten. Die Krippenbauer wollen so daran erinnern, dass Weihnachten eben kein einmaliger Annäherungsversuch Gottes an uns Menschen gewesen ist.
Der gut informierte Hirte bekommt als Figur in der Krippe des Rottenburger Domes noch zusätzliche Bedeutung. Denn der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, leitet als "Medienbischof" die Publizistische Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.
Paderborn:
Die Krippe im Paderborner Dom bekommt in diesem Jahr Zuwachs. Ein Paderborner Schütze in grüner Jacke und mit Eichenlaub an der Kappe sowie ein kleiner SC Paderborn-Fan in schwarz-blauem Trikot gesellen sich zu den anderen Figuren. Auch diese Krippe ist noch recht jung: Der Grundstock wurde 1997 gestiftet. Schon damals wurden lokale Persönlichkeiten eingebracht. Auf dem Weg zur Krippe ist auch ein Kardinal mit den markanten Zügen von Johannes Joachim Degenhardt, dem Vorgänger des heutigen Erzbischofs. Neben ihm geht Altbürgermeister Willi Lüke (von 1988 bis 1999 im Amt), der auf einem roten Samtkissen den goldenen Schlüssel der Stadt trägt.
Das Erzbistum Paderborn erstreckt sich über weite Teile Nordrhein-Westfalens bis nach Hessen und Niedersachsen. Dabei umfasst es ganz unterschiedliche Regionen. Sie alle sind an der Krippe vertreten: ein Bergmann aus dem Ruhrgebiet, ein Waldarbeiter aus dem Sauerland, ein lippischer Tischler, ein Eisenhüttenarbeiter aus dem Siegerland und natürlich ein Paderborner Bäcker mit dem berühmten Kastenbrot
Köln:
Kaum eine Kathedrale in Deutschland hat so viel mit Weihnachten zu tun wie der Kölner Dom. Hier liegen schließlich die Reliquien der Heiligen drei Könige in einem kostbaren Schrein. In der Advents- und Weihnachtszeit kommt dann seit 1992 die große Domkrippe in der Nordturmhalle hinzu. Sie ist eine Simultankrippe. Das heißt, die Krippenlandschaft zeigt neben der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem noch folgende Szenen: Die Verkündigung an Maria, gefolgt von der Herbergssuche. Natürlich zeigt die Krippe auch die Anbetung der Heiligen Drei Könige.
Die letzte Szene der Krippe zeigt die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Und hier zieht die Kölner Krippe die Parallele zu den Geflüchteten der Gegenwart. Figuren mit ärmlicher Kleidung und Krücken werden an einem Grenzzaun von einem Polizisten aufgehalten. Der Flüchtlingstreck kommt über die Balkanroute, wie ein Wegweiser verrät. Ein weiteres Ziel der Menschen ist die Insel Lampedusa. Statt eines Esels nutzen sie heute Boote. Eins davon ist in Miniaturform ebenfalls Teil dieser Krippenlandschaft.
Berlin:
Die Kathedrale von Berlin erlebt in diesem Jahr eine Premiere: Während die Sanierung des Hauptraumes gerade erst beginnt, ist die Heilige Familie bereits pünktlich zur Adventszeit restauriert worden. Sie kann nun im Vorraum von St. Hedwig bestaunt werden. Die Krippe gehört zwar schon lange zum Schatz der Kirche, wurde bisher aber noch nie in St. Hedwig gezeigt. Das Jesuskind stammt aus den Händen des berühmten bayerischen Krippenmachers Sebastian Osterrieder. Maria und Josef sind neapolitanische Krippenfiguren. Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert, was sie besonders wertvoll macht. Gleichzeitig mit ihrer Restaurierung wird die Geschichte der Figuren erforscht. Es wird vermutet, dass ein Sammler die Krippe dem letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II., geschenkt hat. Auf welchem Weg sie dann in die Domgemeinde gekommen ist, muss noch genauer untersucht werden.
Trier:
In Trier ist eigentlich das ganze Jahr über Weihnachten. Die Marienkapelle im Trierer Dom schmücken aufwendige Stuckreliefs aus dem frühen 18. Jahrhundert. Drei Szenen aus dem Leben Mariens sind hier dargestellt. Die Verkündigung des Engels an Maria, die Heimsuchung Mariens bei Elisabeth und die Geburt Jesu in Bethlehem. Die Weihnachtsszene wird jedes Jahr mit Blumen geschmückt und bildet so die Domkrippe. Das Besondere an dieser Darstellung ist, dass das Jesuskind nicht wie in herkömmlichen Darstellungen in einem Futtertrog, sondern auf einem Altar liegt. Davor liegt ein Lamm mit zusammengebundenen Füßchen. Altar und Opferlamm deuten so schon bei der Geburtsszene an, dass Gott in die Welt gekommen ist, um für die Sünden der Menschen zu sterben.
Würzburg:
Bei der Zerstörung des Würzburger Doms in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs ging auch die dortige Domkrippe in Flammen auf. Lange behalfen sich die Würzburger mit provisorischen Zwischenlösungen. 1990 bekam der Dom im Herzen der Stadt endlich wieder eine neue, eigene Krippe. Der damalige Domkapitular und Kunstreferent Jürgen Lenssen hatte sie in Auftrag gegeben. Deshalb verewigten ihn die Künstler, die die Figuren schnitzten: Der kniende Hirte links im Bild trägt die Züge des Domkapitulars, der 2017 in Ruhestand ging. Krippen beschäftigen Lenssen aber auch in seiner Freizeit. Er hat über die Jahre eine eigene Krippensammlung angelegt. Teile davon spendete er bereits den Krippenmuseen in Glattbach und Baunach.
Speyer:
In Speyer kommen die Figuren wirklich erst an Weihnachten in die Krippe, bis dahin stehen nur die Kulissen. Doch die Kinder, die die leere Krippe schon vor dem Heiligen Abend besuchen, sollen trotzdem etwas zu schauen haben. Deshalb stellen die Sakristane den großen Elefanten schon im Advent an seinen Platz.
An Weihnachten kommen dann ein Dromedar, ein Pferd und ein kleiner Elefant hinzu. Die Tiere sind die Begleiter der Heiligen Drei Könige. Die drei Könige (im griechischen Text wörtlich "Magier") repräsentieren auch die drei zurzeit Jesu bekannten Erdteile Afrika, Asien und Europa. Das spiegelt sich auch in ihren Reittieren: Das Pferd Melchiors steht für Europa, Caspars Dromedar für Afrika und der Elefant des Königs Balthasar für Asien.