Kairoer Al-Azhar-Moschee fällt ihr Urteil

Fatwa: Muslime dürfen Christen zu Festen gratulieren

Veröffentlicht am 02.01.2019 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 
Ein Kreuz vor einem Meer von ägyptischen Flaggen.
Bild: © KNA

Kairo ‐ Dürfen Muslime Christen frohe Weihnachten wünschen? Ja, sagen islamische Gelehrte der Al-Azhar-Moschee in Kairo jetzt – und liefern gleich auch die Gründe für ihr Urteil mit.

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Muslime dürfen Christen zu deren Festen gratulieren und Geschenke mit ihnen austauschen. Zu diesem Schluss kommt eine Fatwa der Kairoer Al-Azhar-Moschee, wie die ägyptische Zeitung "Al-Ahram" am Dienstagabend berichtete. Der Islam fordere seine Anhänger auf, die Bünde der Freundschaft und des Mitgefühls zwischen den Menschen zu stärken.

Toleranz, friedliches Miteinander und Höflichkeit zwischen Muslimen und Christen angesichts der jeweiligen Feiertage sei nicht nur akzeptabel, sondern wünschenswert, erklärte den Angaben zufolge das "Internationale elektronische Fatwa-Zentrum" der Al-Azhar in einem Facebook-Beitrag. Unter anderem führt die Fatwa Aussagen des Propheten Mohammed an, der selbst Geschenke von Königen und Herrschern angenommen habe.

Irakischer Großmufti gegen Weihnachten

Unterdessen hat der irakische Großmufti Sheikh Abdul Mahdi Al Sumaidaie Muslime dazu aufgerufen, nicht an christlichen Weihnachts- und Neujahrsfeiern teilzunehmen. Der Aufruf stieß auf Kritik bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Die gute Tradition des friedlichen Miteinanders von Muslimen und Christen darf von radikalen muslimischen Predigern nicht zerschlagen werden", so der Irak-Experte der GfbV, Kamal Sido am Donnerstag. "Auch wenn es immer wieder zu Übergriffen fanatischer Muslime auf Christen kam, haben Muslime seit Jahrhunderten im Irak und in vielen anderen islamisch geprägten Ländern an christlichen Feierlichkeiten teilgenommen."

Al Sumaidaie hatte sich geäußert, nachdem die Regierung des Iraks den 25. Dezember im ganzen Land zu einem Feiertag erklärt hatte. Wenn Muslime Christen bei ihren Feierlichkeiten begleiteten, würde dies bedeuten, dass Muslime an ihre Lehre glaubten, so der Großmufti. Laut GfbV forderten daraufhin viele Iraker seine Entlassung.

Erstes offizielles Urteil

In einer Fatwa erklären islamische Gelehrte, ob ein Verhalten glaubensgemäß ist oder nicht. Es handele sich um das erste offizielle Urteil der Al-Azhar, das Muslimen Respektsgesten mit Blick auf nichtmuslimische Feiertage gestatte. Zuvor hatten wiederholt einzelne Al-Azhar-Vertreter Feiertagsgrüße an Christen erlaubt. Hintergrund sind Aussagen konservativer islamischer Geistlicher in Ägypten, die vor solchen Gesten gewarnt hatten.

Die Al-Azhar-Moschee ist die älteste Moschee Kairos und eines der bedeutendsten islamischen Gotteshäuser Ägyptens. Angegliedert ist eine Universität mit heute rund 20.000 Studienplätzen, die als eine der wichtigsten Lehrautoritäten des sunnitischen Islam gilt. (mal/fxn/KNA)

3. Januar 2018, 11.15: Ergänzt um Stellungnahme der Gesellschaft für bedrohte Völker zum Irak.