Passauer Bischof betont religiöse Entscheidungsfreiheit

Oster: Warum meine Mutter nur noch selten zur Kirche ging

Veröffentlicht am 07.02.2019 um 09:35 Uhr – Lesedauer: 3 MINUTEN
Der Passauer Bischof Stefan Oster im Gespräch.
Bild: © KNA

Dresden ‐ Immer mehr Menschen kehren sich vom Glauben ab. Sollte die Kirche ihn deshalb "offensiver" verbreiten? Nein, sagt Passaus Bischof Stefan Oster. Dass eine Nötigung in den Glauben nicht funkioniere, zeige das Beispiel seiner Mutter.

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Der Passauer Bischof Stefan Oster hat die Bedeutung der Entscheidungsfreiheit bei Fragen der Religion betont. "Es darf keine Nötigung in den Glauben hinein geben", sagte der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwochabend in Dresden. Zugleich räumte er ein, dass es in der Kirchengeschichte durchaus solche Phasen gegeben habe, etwa als die Volkskirche besonders stark gewesen sei. Seine Mutter etwa sei infolge eines sehr restriktiven Elternhauses später nur noch selten in die Kirche gegangen.

Wichtig sei, dass die Kirche den Menschen offene Gesprächsräume biete, so Oster. Beim Zugang zum Glauben dürfe auch nicht das Reglement des Lehramts an erster Stelle stehen: "Moral ist immer sekundär zum Ereignis des Glaubens." Die Kirche habe gegenwärtig "nichts nötiger als heilige Frauen und Männer, die Zeugnis vom Glauben ablegen", unterstrich der Bischof.

Schönian: Fatal, wenn Kirche Menschen ausgrenzt

Die Journalistin Valerie Schönian, die sich selbst als Atheistin bezeichnet, erklärte: "Für Außenstehende ist das schwierig, wenn die Kirche auftritt und sagt: 'Wir haben die Wahrheit' - das führt erstmal zu einer Abwehrreaktion." Zugleich beobachte sie, dass immer mehr Menschen auf Sinnsuche seien: "Es ist durchaus ein Problem, dass vielen Menschen Sicherheit verloren gegangen ist, im Beruf wie in privaten Beziehungen."

Kirche müsse den Menschen signalisieren: "He, wir sind da für dich. Du bist geliebt", sagte Schönian. "Es ist fatal für die Kirche, wenn sie anfängt, Menschen auszugrenzen, die eigentlich gerne kommen wollen - zum Beispiel wiederverheiratete Geschiedene bei der Kommunion." Sie sei sich allerdings nicht sicher, ob tatsächlich mehr Menschen zur Kirche kämen, wenn der Zölibat abgeschafft und das Frauenpriestertum eingeführt würden.

Schönian wurde 2016/17 mit ihrem Blog "Valerie und der Priester" bekannt, für den sie ein Jahr lang im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz den Kaplan Franziskus von Boeselager im Alltag begleitete. Daraus entstand das Buch "Halleluja - Wie ich versuchte, die katholische Kirche zu verstehen".

Die 28-jährige "Zeit"-Redakteurin und der Bischof äußerten sich auf einem Podium der katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen zum Thema "Glaube und Zweifel als Antriebsfaktoren für die Frage nach dem Lebenssinn". (KNA)