Kritik an gefordertem Gehorsam und lehramtlicher Kontrolle

Deutsche Fakultäten: Papst vertritt überholtes Bild der Theologie

Veröffentlicht am 07.02.2019 um 14:11 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Vallendar ‐ Mit seinem Schreiben "Veritatis gaudium" hat der Papst in der Theologie neue Prioritäten für Forschung und Lehre gesetzt. Scharfe Kritik daran äußern jetzt die katholischen Fakultäten in Deutschland: Franziskus schreibe das überholte Bild einer einzig auf Gehorsam und Lehramt fußenden Theologie fest.

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Die katholischen Fakultäten in Deutschland sorgen sich um ihre Wissenschaftsfreiheit. Das von Papst Franziskus Anfang 2018 veröffentlichte Schreiben "Veritatis gaudium" über die Arbeit kirchlicher Hochschulen und Fakultäten schreibe das überholte Bild einer auf Gehorsam ausgerichteten und "lehramtlich strengstens kontrollierten Theologie" fest, heißt es in einer Erklärung des Katholisch-Theologischen Fakultätentages auf seiner Website. Wissenschaftsfreiheit gelte auch für die Theologen und dürfe nicht als Gefährdung wahrgenommen werden: "Nur so können Theologinnen und Theologen heute glaubwürdig arbeiten."

"Restriktive Regularien" zur Erteilung der Lehrbefugnis

Die Fakultäten kritisieren "restriktive Regularien" zur Erteilung der Lehrbefugnis für Theologen. Notwendig seien "verlässliche rechtliche Strukturen für verbindliche und transparente Verfahren zur Lösung von Konflikten", die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung und Überprüfbarkeit von Entscheidungen genügten. Zudem müsse zur Wahrung der individuellen Personenrechte auf ortskirchlicher Ebene eine Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeführt werden.

Im Oktober hatte die ausbleibende Bestätigung des Vatikan für eine weitere Amtszeit des Jesuiten Ansgar Wucherpfennig als Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen für Diskussionen gesorgt. Wucherpfennig war bereits im Februar 2018 wiedergewählt worden. Der Vatikan erteilte ihm die erforderliche Unbedenklichkeitserklärung ("Nihil obstat") schließlich im November. Wucherpfennig hatte sich in Interviews kritisch zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen geäußert.

Zugleich begrüßen die Fakultäten die Einleitung des Papst-Schreibens. Darin werde ihr Weg bestätigt, Theologie im Dialog mit anderen Wissenschaften, anderen Religionen und "den religiös Unmusikalischen" zu treiben. Zwischen diesen einleitenden Worten, der die Theologie als "Motor der Fortentwicklung der Kirche" sehe, und den im Hauptteil konkretisierten Normen bestehe aber eine "kaum auflösbare Spannung".

Der Katholisch-Theologische Fakultätentag mit Sitz in Vallendar hatte sich nach den Angaben in der vorigen Woche auf Einladung der Bonner Universität in Siegburg zu seiner Jahreshauptversammlung getroffen und dort mit dem römischen Schreiben "Veritatis gaudium" befasst. Die Apostolische Konstitution schreibt ein Vorgängerdokument von 1979 fort und setzt neue Prioritäten für Forschung und Lehre. Es soll die kirchliche Hochschullandschaft neuen Bildungsreformen wie dem Bologna-Prozess anpassen und internationale Abkommen berücksichtigen, denen der Heilige Stuhl zwischenzeitlich beigetreten ist. (tmg/KNA)