Bundesarbeitsgericht: Kündigung von katholischem Chefarzt unwirksam
Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung eines Chefarztes an einem katholischen Krankenhaus wegen dessen Scheidung und Wiederheirat für nicht rechtmäßig erklärt. Das Gericht wies die Revisionsklage des Krankenhausträgers am Mittwoch in Erfurt unter Berufung auf das Europarecht zurück. Es habe keine kündigungsrelevante Dienstverletzung vorgelegen.
In dem Fall ging es um einen Chefarzt an einem kirchlichen Krankenhaus in Düsseldorf. Dessen Arbeitgeber hatte ihm Jahr 2009 unter Verweis auf das katholische Verständnis von der Unauflöslichkeit der Ehe gekündigt. Dagegen hatte der Mediziner geklagt und vorgebracht, dass der Krankenhausträger an nichtkatholische Ärzte in gleicher Funktion solche Anforderungen an die Lebensführung nicht stelle. Dieser Auffassung folgte nun auch das Bundesarbeitsgericht.
Das Erzbistum Köln kündigte in einer ersten Reaktion eine intensive Prüfung des Urteils und der Konsequenzen an. Pressesprecher Christoph Heckeley erklärte in Köln, die Kirche habe ihr Arbeitsrecht inzwischen liberalisiert. "Der Kündigungssachverhalt wäre nach heute geltendem Kirchenrecht anders zu beurteilen." Das Verfahren berühre aber auch Grundsatzfragen des Verhältnisses des nationalen Verfassungsrechts zum Recht der Europäischen Union.
Der Balanceakt zwischen der Bewahrung des kirchlichen Auftrags und den individuellen Lebensverläufen der Beschäftigten sei keine einfache Aufgabe, hieß es aus dem Deutschen Caritasverband, unter dessen Dach zahlreiche katholische Krankenhäuser organisiert sind. "Entscheidend ist, dass der kirchliche Charakter und die christlichen Werte der Einrichtungen und Dienste weiterhin berücksichtigt werden können und erkennbar bleiben", so Caritas-Präsident Peter Neher.
Gekündigter Chefarzt weiter im Krankenhaus beschäftigt
Nach mehreren Vorinstanzen und dem Bundesverfassungsgericht kam der Fall zum Europäischen Gerichtshof (EuGH), der ihn im September 2018 nach einer Grundsatzentscheidung an das Bundesarbeitsgericht zurückverwies. In dem Revisionsverfahren waren das im Grundgesetz verankerte besondere Arbeitsrecht der Kirchen sowie der europarechtlich auch im Berufsleben geforderte Schutz vor Diskriminierung abzuwägen.
Der EuGH hatte entschieden, die Auflage, dass ein katholischer Chefarzt den nach dem Verständnis seiner Kirche "heiligen und unauflöslichen Charakter" der Ehe beachte, erscheine nicht als "wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung". Zwar dürfe eine Kirche grundsätzlich an ihre leitenden Angestellten - je nach deren Konfession oder Konfessionslosigkeit - "unterschiedliche Anforderungen" stellen. Nationale Gerichte müssten jedoch überprüfen können, ob die Religion bei der konkreten Tätigkeit ein wesentliches Erfordernis sei. Mit dieser Rechtsprechung habe der EuGH seine Kompetenzen nicht überschritten, urteilte das Bundesarbeitsgericht.
Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hatte das Urteil im September kritisiert. Die verfassungsrechtliche Position, die den Kirchen nach dem Grundgesetz zukomme, sei dabei nicht ausreichend berücksichtigt worden, bemängelten sie. Es sei Sache der Kirche, nicht der staatlichen Gerichte, im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts festzulegen, welche Loyalitätserwartungen sie an ihre Mitarbeiter stelle, so der Sekretär der DBK, Pater Hans Langendörfer, damals.
Weil das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des Chefarztes stattgegeben hatten, ist er nach Angaben seines Prozessvertreters weiterhin in dem Krankenhaus beschäftigt. (rom/KNA)
20.02.2019, 15.30 Uhr: ergänzt um die Äußerungen des Deutschen Caritasverbandes. /rom